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Juni 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org


Bizarro Comics Softcover
DC Comics 2003

Bizarro Comics Softcover

238 Seiten, geb.
19,95 $
    » amazon


Beteiligte Autoren
und Zeichner:

Jessica Abel, Kyle Baker, Ariel Bordeaux, Ivan Brunetti, Dave Cooper, Evan Dorkin, Bob Fingerman, Ellen Forney, Tom Hart, Dean Haspiel, Sam Henderson, Gilbert Hernandez, Dylan Horrocks, James Kochalka, Carol Lay, Jason Little, Tony Millionaire, Will Pfeifer, Paul Pope, Brian Ralph, Jeff Smith, Jay Stephens, Craig Thompson, Jill Thompson, Andy Watson, Steven Weissman u. v. a.

Bizarro Comics Softcover



Mit eingeschränkten finanziellen Mitteln muß man auf so manchen Comic verzichten, doch nach einem Jahr Wartezeit kam auch ich in den Genuß dieser mittlerweile sowohl mit dem Eisner als auch mit Harvey Award ausgezeichneten Anthologie. Die Idee, aufstrebende Independent- und "Alternative"-Comiczeichner Geschichten mit ihren Lieblings-DC-Superhelden erdenken und zeichnen zu lassen, ist schon clever genug. Daß es den Machern aber auch noch gelungen ist, unterschiedlichste Werke durch eine Rahmenhandlung direkt zu einem (entfernten) Teil des DC Universums zu machen, ist schon geradezu genial. denn auch der Titel "Bizarro Comics" erklärt sich dadurch, daß ausgerechnet ein Bizarro (und zwar einer, der mehr an das Silver Age-Original als die neuesten Ausgeburten in Superman-Heften erinnert) nach intensivem Studium der Quelltexte "seine" Version von DC-Superhelden-Comics zum besten gibt.

Bis auf die Beiträge von Tony Millionaire und Brian Ralph (Duo-Tone) sind alle Comic knallbunt koloriert, größtenteils in liebevoller Weise, zum Teil sogar von Independentkünstlern wie Sarah Dyer (kolorierte auch "Amy Racecar") oder gar den jeweiligen Zeichnern selbst.

Erschreckend viele der fast 240 Seiten sind überdurchschnittlich gelungen, nicht nur eine Augenweide, sondern oft auch von der Story her um einiges besser als das, was man jeden Monat in den Heften findet. Um die Anzahl der beteiligten Künstler wohl noch in die Höhe schnellen zu lassen, wurden oft Autoren und Zeichner in mainstreamüblicher Art zusammengeführt, was zu solch interessanten Paarungen wie "James Kochalka / Dylan Horrocks" oder "Jeff Smith / Paul Pope" führte.

Einige der Stories müssen einfach an dieser Stelle noch mal gesondert herausgestellt werden, so gelungen sind sie. Dylan Horrocks etwa, der ja mittlerweile bei DC schon festangestellt scheint, zeichnete nicht nur die Geschichte vom Eierdieb die Hawkman in Kochalka-Manier zurück zu seinen Wurzeln führt, sondern schrieb auch die von Jessica Abel gezeichnete Geschichte vom "ganz normalen" Treffen zwischen Supergirl und Mary Marvel. Ein alltäglicher Kaffeeklatsch wird durch die Subtilität im Umgang mit Figuren, die ausnahmsweise mal wie richtige Menschen behandelt werden, zu einem der Höhepunkte des Bandes.

Bizarro Comics Softcover: Superman's Babysitter Letitia Lerner
aus Kyle Baker's "Superman's Babysitter Letitia Lerner"

Obwohl sich die meisten Künstler an gewisse Regeln im Umgang mit den DC-Helden halten, ist es doch offensichtlich, daß nicht nur die sagenumworbene Geschichte von "Letitia Lerner, Superman’s Babysitter" im ganz normalen Heftausstoß bei DC nichts verloren gehabt hätte. Und ähnlich rücksichtslos schicken Evan Dorkin und Ivan Brunetti Batman zum Psychiater, während Steven Weissman und abermals Dorkin (hier als Autor) sich Gedanken um die Lage auf dem Arbeitsmarkt für fast vergessene Sidekicks machen (sogar Brute und Glob sind dabei …).

Eine ähnliche Mentalität zeigen Bob Fingerman und Dave Cooper, die Wonder Woman mal mit ihren Freundinnen zum Einkaufsbummel schicken, nur um festzustellen, daß zwei der spindeldürren Möchtegern-Supermodel-Tussis, die einem solch einen Nachmittag stets zu versauen gedenken, gemeinsam mit Außerirdischen die neuesten Bademoden stehlen wollen.

Ebenfalls eher "down-to-earth" sind die zwei Stories von Ariel Bordeaux und Ellen Forney und die Mission, auf die Mark Crilley und Andi Watson das "Atom" schicken, während die Kamandi-Geschichte von Nick Bertozzi und Tom Hart vor allem den skurrilen Stil der beiden Künstler demonstrieren, die Zwietracht zwischen den Tieren (insbesondere zwischen Giraffen und Löwen) säen.

Wirklich um die Ecke gedacht hat Chris Duffy von Nickelodeon, der die "Afterthoughts" einer Green Lantern (ein grüner Boxhandschuh, einige Murmeln und ein Seil) auf die Suche nach dem Sinn des Lebens und ihrer ganz besonderen Existenz schickt. Wunderbar illustriert wird diese Episode von Craig Thompson ("Goodbye, Chunky Rice") und auch die Kolorierung von Lee Loughridge ist bemerkenswert.

Duffy hat immerhin auch die fast ein Drittel des Buchs einnehmende Rahmenhandlung ersonnen, bei der Zeichner Stephen DeStefano ("Instant Piano", "’Mazing Man" dem Leser auch einige graphische Höhepunkte beschert.

Der bereits erwähnte Bob Fingerman gehört auch zu den glücklicherweise zweifach vertretenen Künstlern, denn seine Illustrationen zu einer von Sam Henderson geschriebenen Geschichte namens "Super-Pets" gehören auch zu den Momenten dieses Buches, die man nicht so schnell vergisst.

Und um bei diesem Besprechungs-Rundumschlag zu guter letzt die beiden bekanntesten DC-Superhelden ins Spiel zu bringen, sei noch die von Paul Pope erdachte und meinem besonderen Liebling Jay Stephens gezeichnete Geschichte "Inside the Batcave" erwähnt.

Es dürfte offensichtlich sein, daß meine Begeisterung für die "Bizarro Comics" kaum zu zügeln ist, ich könnte noch mehrere Seiten mit Bildmaterial und Kurzbeschreibungen füllen, aber am besten ist es, ihr kauft euch diesen Wälzer selbst, es dürfte euch schwerfallen, zehn 24-Seiten-Comic zu je zwei Dollar zu finden, die es mit dieser Qualität aufnehmen können.