Art Spiegelman
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Art Spiegelman:
Küsse aus New York
Die gleichnamige Spiegelman-Ausstellung habe ich verpasst, weil ich seine Cover für den "New Yorker" als nicht so interessant erachtete wie seine Comicarbeiten, doch dieser auffallend zeitgleich erschienene Bildband geht definitiv über einen faden Ausstellungskatalog hinaus. Nach einem bereits recht interessanten Vorwort von Paul Auster (Man erinnere sich an die von Spiegelman herausgegebene Comic-Adaption von "City of Glass" oder das Spiegelman-Cover auf "Mr. Vertigo") kommentiert Spiegelman höchstpersönlich seine Karriere als Cover-Lieferant für den New Yorker und seine langwährenden Kämpfe mit der Chefredakteurin Tina Brown, die dann wie bei einer Kapitulation dem Heft auch früher als Spiegelman den Rücken kehrte.
Fast zehn Jahre lang gehörte Spiegelman (neben Lorenzo Mattotti oder David Mazzucchelli) zu den prominenten Cover Artists des altehrwürdigen Wochenmagazins, und daß seine Frau Françoise Mouly in dieser Zeit auch einen Job beim "New Yorker" antrat, bestätigt nur meine Beobachtungen davon, wie selbst die hochgestochensten Publikationen funktionieren - über Beziehungen.
Spiegelmans Beziehung zu seiner Redakteurin hingegen schien wohl ein von Diskussionen, Drohungen und Kündigungsschreiben begleitetes Dauerscharmützel gewesen zu sein - aus Spiegelmans Sicht wußte man bei der Frau, die den "New Yorker" entstauben wollte, nie genau, wann sie eine Provokation ganz angebracht fand und wann sie lieber einfach nur ein nettes Bild haben wollte - wodurch aber Spiegelmans Ausführungen und dieser mit diversen Alternativ-Vorschlägen zu verwendeten (aber auch abgelehnten) Covers illustrierte Band weitaus mehr wird als nur ein schnell durchgeblättertes Bilderbuch: Der Weg zu den Covers ist mindestens so spannend wie die Endresultate. Neben den etwa aus dem "Comics Journal" bekannten Provokationen wie dem auf der Steuererklärung gekreuzigtem Osterhasen, Spiegelmans etwa unorthodoxen Valentinstags-Gruß oder Kommentaren zur Lewinsky-Affäre, Polzeibrutalität und dem O.J. Simpson-Fall sind auch die weniger spektakulären Cover zumeist mit einer interessanten Hintergrundgeschichte versehen, die aus diesem Buch eine anregende Lektüre machen.
Und selbst das Geheimnis hinter den immer wieder auftau(ch)enden Schneemännern ist es für Spiegelman-Interessierte wert, diesen Band gleich neben "Maus" und "The Wild Party" ins Bücherregal zu stellen.
Ach ja, fast zwanzig Seiten ebenfalls im "New Yorker" erschienene Comics runden das Bild noch ab. Küsse nach New York!