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August 2007
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Stefan Pannor
für satt.org |
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Floyd Gottfredson
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Ehapa Comic Collection 2007 184 S. HC in Farbe; € 17,00 (D) » amazon |
Floyd Gottfredsons täglicher „Micky Maus“-Strip erschien erstmals am 15. Mai 1930, damals sollte er eigentlich nur die Urlaubsvertretung übernehmen für Ub Iwerks, der in den Wochen zuvor die Comics der noch sehr jungen Serie gestaltet hatten. Weil aber auf Iwerks eine Karriere als einer von Hollywoods besten Special-effects-Männern wartete, kam Gottfredson nicht von „Micky Maus“ los.
Bis 1975 zeichnete Gottfredson seinen Micky Maus, und in dieser Zeit schuf er für den Mäuserich das, was Barks für Donald Duck vollbrachte: ein eigenes Universum voller farbiger, markanter, wiederkehrender Charaktere. Gottfredson brachte nicht nur Goofy in die heutige Comicform, sondern auch Nebenfiguren wie Rudi Ross, Klarabella Kuh und Gamma, die bis heute Verwendung finden.
Am wichtigsten aber war, dass er den Spielraum der Figur ausweitete. Statt lokaler Slapstickabenteuer schuf Gottfredson – hier mit Hilfe einer ganzen Riege von Autoren – planetenweite, raum- und zeitüberspannende Abenteuergeschichten voller genretypischer Verwicklungen. Die Maus wurde vom Kleinstadt- zum Weltbürger. Bis 1955, als auf Geheiß der Syndikate, die die Strips an die Zeitungen vertrieben, alle Abenteuergeschichten eingestellt und nur noch kurze Gagstrips produziert wurden.
Es sind vor allem die Abenteuergeschichten, von denen eine winzige Auswahl im aktuellen zwölften Band der „Hall Of Fame“-Reihe zum Abdruck kommt. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den Jahren bis 1945, wobei auch Mickys Einsatz zur Kriegspropaganda hervorgehoben wird – die Maus wurde, wie nahezu alle Comicfiguren ihrer Zeit, in dieser oder jener Form gegen Hitler gestellt. „Die Kriegswaisen“, gleichzeitig einziger auf deutsch bisher unveröffentlichter Beitrag des Bandes, ist mit seiner Hitler-Karikatur und vielen Anspielungen auf damalige internationale Verhältnisse, dann auch der historisch spannendste, inhaltlich aber beinahe schlechteste Beitrag im Buch.
Relativ uninteressant sind auch einige der Kürzestabenteuer, die Gottfredson immer mal wieder zum Lückenstopfen produzierte. Von den wirklich gelungenen Episoden kommen nur zwei zum Abdruck, „Der Rivale“ und „Im Gespensterhaus“ spielen als einzige die Stärken des Erzählers bei langen Episoden aus.
Leider kommt keines der großen internationalen oder phantastischen Abenteuer zum Abdruck. Ebenso ist es schade, dass aus Formatzwängen die Strips zum Teil in fürchterlicher Weise ummontiert wurden. Schlimmstes Beispiel ist „Mickys Gast aus Afrika“, hier zwar in der tollen Übersetzung von Erika Fuchs, dafür aber graphisch kannibalisiert. Die im Strip stets gleich großen Bilder wurden für den Umbruch auf ganze Comicseiten teilweise vergrössert, radikal ummontiert und teilweise an den Rändern beschnitten.
Leider gibt es keine Möglichkeit, dieser Ausgabe auszuweichen. „Hall Of Fame“ 12 ist tatsächlich in deutscher wie in englischer Sprache das einzige aktuell lieferbare Buch ausschließlich mit Gottfredson-Strips. Weitere deutsche Ausgaben wurden vom hiesigen Verlag bereits dementiert. Bleibt nur die Hoffnung auf eine englischsprachige Ausgabe im Zuge der derzeit boomenden bibliophilen Comicstrip-Gesamtausgaben.
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