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November 2007
Felix Giesa
für satt.org

Bewußtseinserweiterung
Hideo Yamamoto: Homunculus. Bände 1-6

Nachdem Egmont die ausgezeichnete Serie „Shamo“ aufgrund eines Verlagswechsels in Japan aus dem Programm genommen hat, wurde nun mit „Homunculus“ eine neue, beeindruckende Serie im Erwachsenenbereich aufgenommen. Erzählt wird die Geschichte von Susumu Nakoshi, der vorübergehend in seinem Auto lebt. Als dieses abgeschleppt wird und er kein Geld hat um es auszulösen, lässt er sich auf ein folgenreiches Experiment ein. Ein reicher Medizinstudent möchte die erste Trepanation zur Eröffnung des Schädels ins Japan durchführen und bietet Susumu ein kleines Vermögen dafür an. Er erhofft sich davon, bei Susumu einen sechsten Sinn zu aktivieren und will die Folgen der OP studieren.

Das Motiv des Homunculus ist in der Literatur recht häufig vertreten und auch im Manga finden sich gelegentlich Homunculi. Zuletzt besonders prominent in „Full Metal Alchemist“, wo Homunculi als Gegner der beiden Hauptcharaktere auftreten. Motivische Ähnlichkeiten finden sich dann aber eher zu DEM literarischen Werk schlechthin: Goethes „Faust II“. Manabu Ito, der freakige Medizinstudent, vereint in seiner Person sowohl den Faust, als auch den Mephistopheles. Getrieben von unsäglichem Forscherdrang und dabei diabolisch undurchschaubar stellt er sich dar. Nach kurzer Zeit macht Susumu die Feststellung, dass sich seine Wahrnehmung tatsächlich verändert hat. Mit seinem linken Auge sieht er „Monster“. Treu dem philosophischen Konzept vom kleinen Mann im Kopf, der Reize wahrnimmt, scheint es sich hierbei um Projektionen der Sinne zu handeln. Susumu sieht in seinen Mitmenschen „die seelischen Wunden“, die sich in Form der Homunculi manifestieren. So versteckt sich z.B. ein Yakuza, der in seinem Innersten ein Feigling ist, hinter einem Mech. Ebenso eine Frau, die früher von ihrem Mann gewürgt wurde. In Susumus linkem Auge erscheint sie als Mensch ohne Hals, da sie diesen um alles schützen will.

Hideo Yamamoto: Homunculus.
(aus Homunculus 3) In klassischer japanischer Erzähltechnik (Bitte von rechts oben nach links unten lesen!) und mit feinem Strich wird dem Leser ein „Homunculus“ erklärt.
Hideo Yamamoto: Homunculus.
(aus Homunculus 6): Wie es sich für einen guten ,Mystery-Manga’ gehört, gibt es oft Schauriges zu sehen.

Hideo Yamamoto, bekannt als Autor der Manga-Vorlage für „Itchi – The Killer“, analysiert in seiner Geschichte um Susumu die psychologische Verfasstheit der Menschen im heutigen Japan. Seine Intention folgt dabei der klassischen Verwendung des Homunculus-Motivs. Er weist auf die vielen Widersprüchlichkeiten der postmodernen technisierten Welt hin und klagt die damit einhergehenden Konsequenzen für die Menschen an.



Hideo Yamamoto: Homunculus. Bände 1-6
Egmont Manga, 200-240 Seiten, je € 6,50
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