Ben Avery, Mike Miller:
Der Heckenritter
Tony Lee, Diverse:
Schattenbeschwörer
Es gibt bei US-Comics aktuell den Trend, Adaptionen zu erfolgreichen Fantasyromanen zu veröffentlichen. Ursache dürfte vor allem die verstärkte Ausrichtung der US-Verlage weg von den Comicshops und hin zum Buchhandel zum Buchhandelspublikum sein. Gesucht werden Themen, die typische Buchleser ansprechen, aber auch für Comicleser interessant sind. Themen der Phantastik sind hier naheliegend: sie entsprechen mit ihrem farbigen Eskapismus den Lesegewohnheiten der US-Comic-Leser, ohne den Superhelden ins Gehege zu kommen. Und sie reiten auf der nach wie kräftig rollenden Welle der Fantasy-Literatur mit.
Es ist ein Geschäft mit Namen. Allerdings meist nur mit den Namen der Autoren der Vorlage. Für die Gestaltung der Comics werden meist absolute No-Name-Künstler gewählt (sicherlich aus Kostengründen), mit häufig dem entsprechenden Ergebnissen.
George R.R. Martin ist so ein Name. Seit seinem „Lied von Eis und Feuer“ zählt er nicht nur zu den grossen Erneuerern der Fantasy-Literatur, sondern auch zu den grossen Fantasy-Autoren überhaupt. Als Adaption auf deutsch liegt nun vor „Der Heckenritter“, eine Novelle, die bereits 1998 in der von Robert Silverberg herausgegebenen Anthologie „Der 7. Schrein“ erschien.
Das ist wichtig, gleicht die Handlung doch der von „Ritter aus Leidenschaft“, dem Film von 2001. Martins Heckenritter ist der Knappe Dunk, der, herrenlos, sein Glück beim Turnier sucht und vorgibt, ein echter Ritter zu sein. Die Adaption von Ben Avery und Mike Miller setzt diese Geschichte (an deren Ende natürlich ein grosses Turnierfinale und ein Ritterschlag stehen) nahezu eins zu eins um. Martin selber hatte mit der Produktion des Comics natürlich nichts zu schaffen, auch wenn der übergross aufgedruckte Autorenname dies vorgaukeln will.
Die Adaption ist dennoch gelungen, weil sie für einen modernen Fantasy-Comic auf fast schon altmodisch wirkende Tugenden setzt. Statt auffällig inszenierter Action gibt es hier den geschickten Einsatz von Landschaften, Stimmungen, Mimik und Gestik. Das, was bei den meisten modernen Fantasy-Comics unter den Tisch fällt, der Alltag und die Gefühle der Charaktere, wird hier zu einem tragenden Element. Mit Liebe zum Detail werden zudem all die unterschiedlichen Rüstungen und Wappen entworfen und eingefügt. Es geht um Atmosphäre: der „Heckenritter“ ist ein Comic, den man sich tatsächlich gerne anschaut, auch wenn die Geschichte nur bedingt zu überzeugen weiss.
Futter für die Augen sollte fraglos auch „Schattenbeschwörer“ sein, nach dem gleichnamigen Roman von G.P. Taylor. Der ist im englischsprachigen Raum ein Bestseller, nicht zuletzt aufgrund seines starken christlichen Hintergrundes - christliche Literatur findet in den USA immer einen Markt. Taylor schreibt christliche Fantasy so wie C.S. Lewis dies mit seiner „Narnia“-Serie tat (und Taylors Autorenakronym soll diese Ähnlichkeit wohl noch betonen). Er schreibt sie allerdings bei weitem nicht so gut.
Seine Geschichte vom Waisenkind Thomas und vom dämonischen Pfarrer Demurral, von zwei Amuletten und dem Kampf zwischen zwei Gottheiten, in den Thomas hineingezogen wird, ist ebenso ausufernd wie wirr. Auch im Comic. Zu viele Handlungsebenen, Haupt- und Nebenfiguren, dramaturgische Verflechtungen und christlich-missionarische Momente ergeben ein grosses Kuddelmuddel. Zumal das wirklich entscheidende fehlt. Während die Handlung völlig unverständlich an diversen Fronten voranschreitet, wird kein einziger Moment dafür aufgewandt, dem Leser die handelnden Figuren einmal wirklich nahezubringen. Sie sind, was sie sind: eine Waise, ein Schwarzer, ein böser Pfarrer. Sie sind, anders gesagt, leer und austauschbar.
Hinzu kommt, dass die diversen Zeichner und Koloristen der Adaption scheinbar reines Eyecandy bieten wollten. Verwirrende Seitenlayouts, die das Auge mehr als einmal in die Irre führen und es schwer machen, den Dialogen zu folgen, sind hier ebenso ein Lesehemmnis wie die begrenzte Farbpalette - der Band besteht fast nur aus schwarzen, blauen und dunkelroten Farbtönen.
Ausserdem die Unfähigkeit, ruhige Sequenzen zu illustrieren. Wenn die Hauptfiguren der Serie miteinander reden, gibt es oft seitenweise nur Talking-heads in Nahaufnahme. Der Band schwankt so zwischen komplett unverständlichen, wirren Action-Sequenzen und ermüdenden Dialogen, die oft zudem unnütz lang sind. Comics sind wie Film ein ökonomisches Medium, in dem erst gezeigt, dann erklärt wird. „Der Schattenbeschwörer“ zeigt wenig, aber schwafelt viel.
Warum der Verlag allerdings die Namen der beteiligten Künstler nur kleingedruckt im Impressum angibt, wird ein Rätsel bleiben.
Ben Avery/ Mike Miller: Der Heckenritter
Panini Comics, 160 S.; € 16,95
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Tony Lee/ Diverse: Schattenbeschwörer
Ehapa Comic Collection; 240 S.; € 19,95
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