
Mahler:
Van Helsing
macht blau
Hier in Leipzig war bis vor geraumer Zeit ein Paar zu sehen, die - beide wenigstens über 40 und an den falschen Stellen errundet - ausschließlich in scheinbar immer dem gleichen Zorro-Karnevalskostüm durch die Stadt liefen und in diesem Outfit alle ihre alltäglichen Gänge erledigten.
Es ist nicht bekannt, ob Nicolas Mahler in seiner Heimatstadt Wien ähnliche Freaks kennt. „Van Helsing macht blau“ jedenfalls legt dies nahe. Der Band des österreichischen Zeichners, der absurderweise bereits vor einigen Jahren erstmals beim US-Verlag Top Shelf erschien, ehe er jetzt erstmals dem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht wird, und das -Gipfel der Ironie! - obwohl er praktisch ganz ohne Worte auskommt, ist eine charmante Hommage an die Helden der B-Filme und Serials der 30er und 40er Jahre, in dem Mahler dem Alltag der schillerndsten Gestalten jener schwarz-weißen Epoche nachgeht.
Nicht nur titelgebender van Helsing ist zu sehen, der vom Pfählen der Vampire auch in der Freizeit und auf Parties nicht lassen kann. Auch ein Herr Zorro, der so viele bedrohte Damen rettet, die ihm alle in Liebe verfallen, das sein Privatleben überaus kompliziert wird. Und der Unsichtbare, der nach Ablegen des Mantels in der Kneipe nicht einmal ein Bier bestellen kann.
Das ist überaus charmant in Szene gesetzt, wenn auch Mahlers reduzierter Strich hier gelegentlich zu minimalistisch ist. Auch das Kernzeichen von Mahlers schwarzem Schmäh, seine absurden Dialoge, fehlt mitunter ein wenig. Was hätte wohl eine Mumie beim ersten Date mit der ägyptischen Prinzessin zu sagen? Wir werden es nie erfahren.
Mahlers Bändchen ist eine hübsche Hommage an B-Movies, wenn auch nicht annähernd so überzeugend wie seine humoristischen Großtaten „Kunsttheorie vs. Frau Goldgruber“ und „Die Zumutungen der Moderne“ beim gleichen Verlag. Mehr Mahler braucht die Welt.
Nicolas Mahler:
Van Helsing macht blau
Reprodukt, 120 S., 10,00 €
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