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18. September 2008
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Stefan Pannor
für satt.org |
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John Woo's 7 BrothersMidnighter - Killing Machine2006 wurde der Comicverlag Virgin Comics mit großem Brimborium als Ableger der Virgin Group und der indischen Gotham Entertainment Inc. gegründet. Zwei Großkonzerne mit weltweitem Handlungsspielraum wollten den amerikanischen Comicmarkt neu abstecken. 2008 bereits wurde der Verlag wieder dichtgemacht. Und schaut man sich deren Comics an, dann ist auch klar, wieso. Die strotzen zwar vor großen Namen - im vorliegenden Fall ist das der Actionregisseur John Woo („Mission: Impossible 2“). Aber auch andere Stars wie Nicholas Cage, Hugh Jackman oder die alternde Pornotrine Jenna Jameson rückten ihre großen Namen raus, damit die auf Comicheften erschienen. Die nur leider keinerlei Inhalt hatten. In „7 Brothers“ versucht immerhin Garth Ennis aus der flauen Grundidee von sieben über die Jahrtausende miteinander verwandten Brüdern, die allesamt Superkräfte und die Welt vor einer ebenso alten Gefahr retten wollen, eine irgendwie brauchbare Geschichte zu machen. Das ist leidlich handfest, aber trotz einiger schöner Landschaftsimpressionen von Jeevan Kang, am Ende einfach nur unglaublich uninteressantes Mittelmaß ohne größere Inspiration. Die übrigen Virgin Comics - verfasst u.a. auch von Mike Carey, gezeichnet durchgängig von vermutlich preiswerten indischen Zeichnern - waren auch nicht besser. Das Ende von Virgin Comics, die auch in Deutschland nur ein kurzes Gastspiel gaben, ist kein Verlust. Deutlich bedauernswerter ist da schon der Zustand von Garth Ennis' Erzählkünsten an sich. Von seinen frühen britischen Arbeiten bis zum Finale von „Preacher“ bei Vertigo im Jahr 2000 hat dieser Ire mit seiner Mischung aus sauberer Charakterzeichnung, treffenden Dialogen und satirischer Gewalt das Haus gerockt. Inzwischen ist daraus das reine dumpfe Abfeiern von Gewaltorgien geworden. In „Killing Machine“ wird der Midnighter, eine schwule Batman-Variante beim DC-Seitenverlag Wildstorm, losgeschickt, um Adolf Hitler zu töten und den Holocaust zu verhindern. Zwischen erstem und zweitem Weltkrieg, immer dem Führer an den Hacken, bemüht sich der Held im schwarzen Ledermantel möglichst blutig um die Erledigung des Jobs. Dabei kommt ihm eine Zeitpolizei in die Quere, deren Auftrag die Reinerhaltung des Zeitstromes ist. Das könnte Spaß machen, wäre nicht die gesamte Geschichte so überaus offensichtlich nur der Provokation und des Geldes wegen auf Biegen und Brechen um alle Logiklöcher herum geschrieben worden. Wenn zum Schluß der Midnighter wenige Tage vor Kriegsende durch Berlin hastet und immer noch versucht, seinen Auftrag zu erfüllen, dann weiss man, dass dies der vermutlich dümmste Superheld der Gegenwart ist. Chris Sprouse, der immerhin schon mit Alan Moore zusammen „Tom Strong“ gemacht hat, wird in diesem Gemetzel ebenso vergeudet wie Peter Snejbjerg, dem wir einige der lyrischsten Vertigo-Comics und weite Teile der wunderbaren „Starman“-Serie verdanken, und dessen stilles Talent in diesem Splattergedröhn vollkommen untergeht. Ennis verließ nach dieser Geschichte und einer auch in diesem Band abgedruckten Episode die Serie, die unter wechselnden Autoren kein langes Leben mehr haben sollte: so wie Virgin Comics endete auch dieser Titel im Sommer 2008 mangels Leserinteresse.
Garth Ennis, Jeevan Kang: |
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