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21. April 2009
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Mareike Jendis
für satt.org |
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Die Mumins sind wieder da!Eine Freude für alle Mumin-Fans und neue Chance, ein solcher zu werden: Die Mumin-Comics der legendären finnischen Autorin und Malerin Tove Jansson erscheinen nun erstmals als Gesamtausgabe auf Deutsch. Tove Jansson zeichnete diese Serien in den 1950er Jahren für die britische Tageszeitung „The Evening News“, und der große Erfolg zog zahlreiche Übersetzungen und Veröffentlichungen in vielen anderen Ländern nach sich. Auch in deutschen Tageszeitungen, Magazinen und Taschenbüchern erschienen die Mumin-Comics, zum Teil aber abgeändert und nie vollständig. Nun hat der renommierte kanadische Comicbuch-Verlag „Drawn and Quarterly“ mit einer sehr liebevoll gestalteten fünfbändigen Gesamtausgabe begonnen, von der bereits drei Bände auf Englisch publiziert sind. In exakt gleicher schöner Aufmachung erscheinen die Bücher nun also auch auf Deutsch (und übrigens ebenso auf Schwedisch). Inhalt, Format, Titelbild und sogar Nachwort sind vom Berliner Independent-Verlag „Reprodukt“ beibehalten. Die Texte wurden neu übersetzt und dann handgelettert. Die Hauptpersonen dieser Comics sind dieselben, die wir aus den Prosa-Büchern kennen: die Muminfamilie, ihre Freunde und Bekannten. Die Handlungen jedoch sind eigenständig, aber immer geprägt von der gleichen toleranten und leicht ironischen Grundhaltung der Autorin. In der ersten Geschichte begegnet uns Mumin, der angesichts der zahllosen Gäste, die sein Haus belagern und ihm nicht einmal mehr ein Bett zum Schlafen lassen, vergeblich versucht, das Nein-Sagen zu lernen – ein wohl auch noch heute wohlbekanntes Problem. Als er schließlich die Gäste, aber mit ihnen auch gleich sein ganzes Haus los ist, zieht er mit dem beständig geld- und ruhmlüsternen Schnüferl in die Welt hinaus. Nach diversen Abenteuern rettet er, ganz der klassische Held, das schöne Snorkfräulein, das sich allerdings, ganz Janssonscher Humor, eigentlich schon selbst geholfen hat. Nebenbei hat sie noch einen Goldschatz gefunden und eine Menge Gefangene befreit. Aber solche ironischen Spitzen treten nie in den Vordergrund, werden gleichsam lächelnd dargebracht, und einem Happy End steht nichts mehr im Weg: Mumin hat nun eine Freundin und ein neues Haus – und kann alle Gäste wieder einladen! In den drei anderen Geschichten des ersten Bandes ist die Muminfamilie auch ständig unterwegs: sei es zum Picknickausflug auf einer einsamen Insel, umgezogen in eine Höhle am Strand oder das mondäne Leben an der Riviera erprobend. Sie treffen Seeräuber und ihre eigenen Urahnen, Filmschauspieler und Adelige. Sie verirren sich im Sturm und im verführerischen Leben der Reichen. Aber sie finden immer wieder zurück zu sich selbst und ins Mumintal und können am Ende gemütlich um den Kamin herumsitzen – bis es wieder losgeht. Und den Geist des Mumintals tragen sie sowieso immer mit sich: Alle werden so akzeptiert, wie sie sind, mit allen Fehlern und Macken, allen wird Beachtung geschenkt, egal, wie wichtig oder unbedeutend sie erscheinen. Diese Einstellung zeigt sich auch auf der Ebene der Zeichnungen selbst, denen bei Comics naturgemäß eine besondere Bedeutung zukommt: Hier sind etwa die kleinen bis winzigen Figuren erwähnenswert, die bisweilen die Handlung begleiten, spiegeln oder kontrastieren, meistens ohne in der eigentlichen Story mitzuwirken, ähnlich wie sie später Janosch in seinen „Tiger und Bär“-Büchern und Sven Nordqvist in seinen „Petterson“-Büchern gestalten sollte. Ab und an jedoch können sich auch diese fast unbemerkten Randerscheinungen zu Wort melden, etwa, wenn einer von ihnen seinen Vetter bittet, die Rolle in diesem Buch nun für ihn weiterzuspielen, oder wenn dieser spätern dann vor Rührung darüber, von Mumin beachtet worden zu sein, ihm gleich „das Leben retten" oder „zumindest einen Gefallen tun" möchte. Hier spielt Jansson gekonnt mit den Möglichkeiten der Gattung Comic und den verschiedenen Ebenen der Fiktion: Die Statisten ergreifen plötzlich das Wort, thematisieren ihre eigene Rolle und verschwinden dann wieder im Hintergrund. Aber die Zeichnungen laden auch zu anderen Entdeckungen ein: Begeistern können zum Beispiel die vielen phantasievollen Panelumrandungen, die je nach Zusammenhang etwa die Form einer langstieligen Rose, eines Pinsels, einer Tür oder eines Stacheldrahts annehmen können. Es lohnt sich wirklich, genau hinzuschauen! Und das können Leser und Betrachter jeden Alters. Wie die anderen Muminbücher sind auch diese Comics Literatur für alle – denn auch die Leser werden genommen, wie sie sind. Tove Jansson: Mumins Dieser Text erschien zuerst in der Lesebar. |
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