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Maurice Tillieux:
Jeff Jordan Gesamtausgabe
Ehapa, je 240 Seiten, € 29,90 » Ehapa
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Die Romantik der Szene
Jeff Jordan – Gesamtausgabe
Im Zuge der vermeintlichen ‚Graphic Novelisation‘ des Comicmarktes, kann man beobachten, wie es immer gebräuchlicher wird, Serienmaterial als Sammelbände oder Gesamtausgaben (bei Ehapa erscheint manche kürzere franko-belgische Serie mittlerweile als ALL IN ONE-Titel) zu veröffentlichen. Das kennt man vom US-Markt der Heftchenserien, sowohl Marvel als auch DC veröffentlichen Mini-Serien und einzelne Story-Runs als Graphic Novel Collection und bedienen so Leserkreise, denen Heftchen nicht seriös genug zu sein scheinen. Das Prinzip der Gesamtausgaben ist das gleiche und auch die Hoffnung ist ähnlich. Der Anspruch einer echten Gesamtausgabe, wie man sie von bibliophilen Buchreihen kennt, wird dabei jedoch leider selten bis nie eingelöst. Meist findet sich ein kurzes Vorwort, in welchem aufgelistet wird, wann der Autor bzw. Zeichner was und wo veröffentlicht hat. Eine biographische oder werkanalytische Zusammenschau findet nicht statt. Ein wahrer Lichtblick in diesem Bereich ist daher die Gesamtausgabe von Maurice Tillieux‘ „Jeff Jordan“, eine klassischen Detektivgeschichte der späten 1950er, frühen 1960er Jahre.
In einem lesens- und sehenswerten, knapp 30seitigen Vorwort zeichnet der Comic-Journalist und -Szenarist José-Louis Bocquet das Leben und die Entwicklung des Comiczeichners Tillieux nach und führt die biographischen Notizen gekonnt mit dessen Werken eng. Beeindruckend ist dabei nicht nur das Wissen Bocquets um Tillieux, sondern auch der Umstand, dass er Zugang zu den Archiven des 1978 gestorbenen Zeichners erhielt. So ist das Vorwort mit einer Vielzahl an Skizzen, Aquarellen, Frühwerken, Fotos und allerlei Werbezeichnungen gespickt. Das dieses jedoch nicht zu einem überbordenden Layout führt, wie das leider sehr häufig der Fall ist, entspricht auch der ansonsten geglückten Aufmachung des Buches, mit festem Einband und in bestechender Qualität gedruckt auf nostalgisch anmutendem Kunstdruckpapier.
Jeff Jordan war Tillieux‘ erfolgreichste Figur. Entstanden war sie in der vorliegenden Form jedoch durch einen Wechsel seiner Arbeitsstätte. 1956 begann er die Arbeit für das Spirou Magazin, nachdem er zuvor knapp zehn Jahre für Heroïc Albums die Serie „Félix“ in Szene gesetzt hat. Figureninventar und Setting waren bei Spirou gleich bzw. doch sehr ähnlich und nach dem Wechsel wurde aus Félix „Gil Jourdan“, so der französische Name des jungen Detektivs. Mit seinem teilweise karikaturesken, semirealistischen Strich war Tillieux zusammen mit André Franquin der wichtigste Vertreter der École Marcinelle im Nachkriegs-Frankreich. Wie auch bei Franquins „Spirou und Fantasio“, so sind auch die Dialoge zwischen Jeff Jordan und seinen Nebenfiguren, namentlich der kauzige Inspektor Stissel sowie der ehemalige Einbrecher Teddy, geprägt von Humor und slapstick-haften Momenten. Im Unterschied zu „Spirou“ ist „Jeff Jordan“ aber nicht nur eine reine Abenteuergeschichte, sondern auch handfeste Krimiliteratur. Um sich einen Namen zu machen, nimmt es der frischgebackene Privatdetektiv Jeff im zweibändigen Auftaktabenteuer mit einem international operierenden Drogenring auf. Dass es trotz der zwielichtigen Figuren, mit denen er und Teddy es zu tun bekommen, immer recht unblutig zur Sache geht, wird der jugendlichen Leserschaft des Spirou Magazins geschuldet sein. Das hindert Tillieux aber nicht, in folgenden Abenteuern Jeff auch gegen Mörder und Entführer antreten zu lassen. Das alles setzt er in leicht kantigem, klarem Strich um, wohingegen sich besonders in der Ausstaffierung der Hintergründe und Szenerien ein Detailreichtum und eine regelrecht romantische Ader des Zeichners auftun, die sehr zu begeistern weiß. Das Ehapa nun alle sechszehn Abenteuer in einer so ansprechend gestalteten Gesamtausgabe in vier Bändern vorlegt, ist da nur sehr zu begrüßen.