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24. Juli 2010
Felix Giesa
für satt.org

  Ulf Salzmann und Johannes Kretschmar (Herausgeber): Panik Elektro #7 – Seelenstrips. Autobiografische Comicblogs

Ulf Salzmann und
Johannes Kretschmar
(Herausgeber):
Panik Elektro #7 – Seelenstrips.
Autobiografische Comicblogs

Schwarzer Turm 2010
385 Seiten, 19,80 Euro
» Schwarzer Turm
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Kurt Schalkers Erben

Neben gedruckten Comics spielten auf dem diesjährigen Comic-Salon in Erlangen auch Online-Comics eine größere Rolle. So gab es etwa die Ausstellung „Seelenstrips – Autobiografische Comicblogs aus Deutschland“ zu sehen. Die Ausstellung war in Erlangen das Begleitprogramm zum Erscheinen der siebten Ausgabe von „Panik Elektro“. Wurde bereits die zweite Nummer auf satt.org „als repräsentativer Nachschlage-Katalog“ empfohlen, für „all diejenigen, die hierzulande im Comicbereich ein bisschen auf dem Laufenden bleiben wollen“, so kann man das mit der Beschränkung auf Comicblogs sechs Jahre später wiederholen.

Comicblogs, zumal autobiographische, sind ja spätestens seit James Kochalkas Webdiary „American Elf“ auch in der Comicszene weitverbreitet. Erst kürzlich widmete sich die „Comixene“ (#102) in dem ausführlichen und lesenswerten Artikel „Comix 2.0“ der „bunten Welt der digitalen Bildergeschichten“. Wobei hier „bunt“ eher rhetorisch zu verstehen ist, die meisten Comicblogs sind schwarz-weiß gehalten. Was zum Erscheinen des Artikels noch nicht bekannt war, die Urzelle des autobiographischen Comictagebuchs liegt noch weiter in der Vergangenheit als „American Elf“, welches immerhin seit 1998 läuft. Kurt Schalker zeichnet seine Comicstrips bereits seit 50 Jahren, unlängst wurde er einer breiteren Öffentlichkeit bekann. Die Comicblogosphäre huldigte dem großen Ideal seither immer wieder, so Flix mit einem gezeichneten Geburtstagsgruß, Ulf Salzmann auf seinem Blog „Flausen“ freut sich über ein entdecktes Foto Schalkers mehr, als die literarische Weltöffentlichkeit über ein Foto Rimbauds und Johannes Kretschmer schließlich entdeckt in Kurt Schalkers Comics die Urfassung der heute allgegenwärtigen Comichäschen.

Zwischen diesen beiden Faktoren nun spannt sich die Bandbreite der neuen „Panik Elektro“ auf und die beiden eben erwähnten Blogger Ulf Salzmann und Johannes „Beetlebum“ Kretschmer haben als Herausgeber – sie lösen nach sechs Nummern Wittek ab, der die „Panik Elektro“ ins Leben rief – eine Leistungsschau der gegenwärtigen Comicblogger versammelt, die sich sehen lassen kann. Zwar ist nicht wirklich alles autobiographisch, was abgedruckt wurde, aber dem Verständnis nach ist ja auch nicht jedes Blog autobiographisch. Diese abwegige Auffassung vertritt zwar Beetlebum in seiner Einleitung, aber weder sind 18Metzgers Alltagspoetiken in „Totes Meer“ noch die „Chronicartoons“ von Andreas Eikenroth autobiographisch. Doch ist das ein reines Benennungsproblem und ich will hier nun viel lieber über Beetlebums Einleitung reden. „Webcomics fast forward“ ist Chronik, Sachcomic und Autobiographie in einem. Eine Chronik der Entstehung von Blogs und Comicblogs, ein Sachcomic, wie Comicblogs funktionieren und ein autobiographischer Kommentar zur eigenen Entscheidung, Comics online zu publizieren. Das ist informativ, erhellend und unterhaltsam, eingänglich gezeichnet und erinnert immer wieder an McClouds Comics zum Comic, ohne abzukupfern. Das gibt eine Messlatte für den ganzen Band vor und tatsächlich oszillieren an ihr entlang sämtlich Beiträge, sodass man am Ende eine gelungene Anthologie hat. Wehrmutstropfen bleiben aber leider nicht aus. Die Auflage ist dem Verlag leider etwas sehr klein geraten, der Band ist sowohl beim Verlag als auch beim Zulieferer ausverkauft; wer den Band noch schnell für die Strandtasche besorgen will, sollte umgehend in den Comicladen rennen. Dann ist man schonmal eingeschwitzt für den Nachhausweg, das ‚Heft‘ hat nämlich ein stattliches Gewicht.

Ulf Salzmann und Johannes Kretschmar (Herausgeber): Panik Elektro #7 – Seelenstrips. Autobiografische Comicblogs