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26. September 2010
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Felix Giesa
für satt.org |
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Jenseits des FanzinesIch muss ja gestehen, dass ich nicht wirklich ein permanenter Leser aller möglichen Online-Publikationen über und zu Comics bin. Immer mal wieder lande ich auf der einen oder anderen suchmaschinengeleitet oder gerne auch mal auf Zuruf; Foren meide ich gänzlich. Dennoch ist mir natürlich die eine oder andere Seite und auch manch lesenswertes Blog bekannt. So auch das in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum feiernde Comicgate. Ein Blick in den »Kri-Ticker« lohnt sich eigentlich immer, zuletzt las ich noch ganz begeistert über Deutschlands vergessenes Comicgenie Kurt Schalker exklusiv auf Comicgate. Sechs Jahre machte man sich im Netz einen Namen und wagte schließlich den Schritt zum Print. In meiner Erinnerung muss das ein Band gewesen sein, der mich nicht wirklich ansprach; weder von der Aufmachung, noch vom Inhalt her. So blieb die Nummer 1 damals im Regal liegen. Doch das Magazin erschien weiterhin jährlich, mauserte sich und letztes Jahr auf dem Comic-Fest in München gab für die Nummer 3 sogar einen ICOM-Preis. Wurde damals besonders gewürdigt, dass es sich um ein rein idealistisches Projekt handelt (= No-Budget), ist auch besonders zu unterstreichen, dass man es geschafft hat, sich sowohl online als auch im Printbereich eine kleine Nische zu erobern. Heutzutage heißt das schon etwas. Pünktlich zu Erlangen erschien jetzt die Nummer 5 und mit vier Jahren Verzögerung habe ich endlich einen näheren Blick gewagt. Mein Glück. Auffällig mag direkt das Format erscheinen, A 5 ist in diesem Bereich doch eher den Fanzines vorbehalten. Doch hat man so ein handliches Heftchen, das sich gut mit auf Reisen nehmen lässt. Der Inhalt ist hiervon natürlich gänzlich unbenommen: Man setzt auf eine Mischung aus längeren, meist thematischen Artikeln, Portraits, Kurzinterviews und natürlich Comics. Auf eine herkömmliche Rezensionsstrecke verzichtet man, diese ist ja online viel aktueller zu gestalten. Stattdessen findet sich eine Empfehlungsliste für den einsamen Inselaufenthalt, die Klassiker, Aktuelles, Unbekanntes und Selbstverlegtes mischen soll (allerdings überwiegen dann doch die Novitäten). Für einmal im Jahr ist das sicherlich machbar, meines Erachtens könnte man die Rezensionen aber auch gänzlich rauslassen und lieber einen Artikel mehr aufnehmen. Soviel zu den Rahmenbedingungen, was ist nun mit dem Inhalt? Die Stärke sind sicherlich die meist zehnseitigen Artikel, fünf an der Zahl. Ob man mal wieder etwas über Nicolas Mahler lesen muss, in diesem Fall ein Portrait, weiß ich nicht; so produktiv wie der Österreicher ist, ist er ja eigentlich dauerpräsent. Interessanter ist da schon ein Überblick über die Veröffentlichungen deutscher Zeichner im Ausland. Nicht erst seit den Erfolgen von Kleists »Cash« und Uli Lusts »Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens« werden ansässige Zeichner im Ausland wahrgenommen; manche, wie Barbara Yelin oder Jens Harder, waren sogar zuerst im Ausland publizistisch erfolgreich. Andreas Völlingers Artikel liefert da einen gelungenen Überblick. Gelungen, wenn darauf abzielend, Leser von »Scott Pilgrim« zu überzeugen, ist auch Thomas Kögels Artikel über das Indie-Comic-Phänomen von Bryan Lee O’Malley. 2004 erschienen die ersten Teile der Serie und nach Startproblemen entwickelte sich die Sache zu einem Riesenhype, eine Verfilmung läuft in Bälde an. Ansonsten findet sich noch ein Artikel von Daniel Wüllner über den Hintergrund in Comics und ein wilder Ritt von Marc-Oliver Frisch durch 70 Jahre Superhelden-Comics, an dessen Ende man sich nur noch wünscht wieder mehr Superhelden-Comics zu kaufen. Bei soviel gelungener Selbstausbeutung fallen manch weniger gelungener Beitrag kaum ins Gewicht: Die Anzahl der Kurzportraits hätte man wirklich knapper halten können, auch ist nicht alles relevant, was die Gefragten von sich geben. Gleiches gilt für die diversen Comics, zuviel Cartoons für meinen Geschmack. Lustig sind noch der Funny »Ferkel & der Golem« von Martin Rathscheck und ganz ansprechend Falk Holzapfls Abenteuercomic »Die Pfade von Juun«. Aber Abstriche muss man immer machen und unterm Strich erhält man für € 6,50 ein wirklich gutes Comic-Magazin. |
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