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13. Februar 2011
Felix Giesa
für satt.org

Manga Rundschau

  Kazuo Kamimura: Furious Love
Kazuo Kamimura: Furious Love
abgeschlossen in drei Bänden
Aus dem Japanischen von Jürgen Seebeck
Carlsen 2010, 360 S., € 14,90
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Kazuo Kamimura – Furious Love

Kyōjin Kankei, so der japanische Titel des nun vollständig in Übersetzung vorliegenden Mangas von Kazuo Kamimura, meint zu Deutsch so viel wie eine wahnsinnige, uneheliche Beziehung, genauer aber auch den eigentlichen Geschlechtsakt und zwar den der wilderen Sorte. All das verschleiert der Titel der Carlsen Ausgabe, wo man mit »Furious Love« eher an den gleichnamigen Film erinnert wird (auch wenn es hier inhaltlich um etwas ganz anderes geht). Ist man sich dessen bewusst, ist die Richtung, die Kamimura in seinem Sittengemälde der späten Edo-Zeit einschlägt, klar. Während sich die Samurai-Kaste gerade mit sinnlosen, aber ehrenvollen Selbstmorden selbst abschafft, versinkt die restliche Bevölkerung in Armut und Laster. Als erzählerischer Aufhänger dient Kamimura das Umfeld des legendären Holzschnitzers Katsushika Hokusai. Der alternde Meister, dessen »36 Ansichten des Berges Fuji« zu den bekanntesten japanischen Kunstwerken zählen, wird hier als grantiger, launischer Kerl dargestellt, der notfalls mehrfach an einem Tag umzieht, wenn ihm die Aussicht aus einer Wohnung nicht gefällt. Mag dies noch halbwegs historisch verbürgt sein, sind sonstige Ausführungen sehr frei, denn für Kamimura steht weniger die Zeit als das künstlerische Genie in seinem Wesen als solches im Mittelpunkt. Wurde Kamimura als Zeichner von »Lady Snowblood«, der Manga-Vorlage für »Kill Bill«, mit einem Rache-Titel bekannt, liefert er hier den Versuch, künstlerisches Genie verstehbar zu machen. Das er dafür die Figur Hokusai wählt, der mit seinen Manga-Büchern als vermeintlicher Vater des modernen Manga gehandelt wird, überrascht wenig. Herausgekommen ist eine Melange von künstlerischem Genie, sexuellem Trieb und gesellschaftlichem Abgründen, die so ebenfalls auch heute noch ihre Gültigkeit besitzt.

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  Masashi Tanaka: Gon
Masashi Tanaka: Gon
Aus dem Englischen
von Jonas Blaumann
Carlsen 2010
144 S., € 5,95
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Masashi Tanaka – Gon

Meist wird der Start des Manga-Booms hierzulande an den ersten Veröffentlichungen von »Sailor Moon« (1996) und »Dragonball« (1997) festgemacht. Dabei entsteht häufig der Eindruck, dass zuvor überhaupt keine Manga auf dem deutschsprachigen Markt erschienen. Sicher mag stimmen, dass das gleichzeitige Erscheinen von »Dragonball« und »Sailor Moon« mit den gleichnamigen TV-Serien Manga endgültig der Aufmerksamkeit der breiten Masse näher brachte. Allerdings erschienen bereits viel früher japanische Comics und das teilweise auch erfolgreich. Neben der vierfarbigen »Akira«-Ausgabe (1991) war auch Masashi Tanakas »Gon« sehr beliebt. Die vier Nummern, die zwischen 1994 und 1996 in der Edition Kunst der Comics erschienen, sind heute gesuchte Sammlertitel. Der Carlsen Verlag trägt dem mit einer erneuten Veröffentlichung, nun im kleineren Taschenbuchformat, Rechnung.

An Charme, wenn man es so nennen möchte, hat der kleine Tyrannosaurus Rex Gon nichts eingebüßt, auch wenn die Figur bald zwanzig Jahre alt ist und sie zeitweise in Japan echten Kultstatus genoß. Als kleine, cholerische Version von Godzilla prügelte sich Gon sogar durch »Tekken 3«. Doch tritt die Figur in den Comics natürlich etwas anders auf. Noch vor dem Dinosaurier-Hype nach »Jurassic Park« (1993) schuf Tanaka 1992 den kleinwüchsigen Dino, der fortan in liebevoll detaillierten und düster schraffierten Kurzgeschichten die Tierwelt durcheinander brachte – beziehungsweise eher brutal aufmischte. Dabei sind die einzelnen Episoden häufig Parabeln auf das moderne Leben, dem Verlust traditioneller Werte und daraus resultierender Konflikte. Gon symbolisiert die Macht des kleinen Mannes und lässt auch immer wieder seine sympathische Natur erkennen, wenn er sich den Unterdrückten oder Ausgestoßenen zuwendet.

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  Jiro Taniguchi: Sky Hawk

Jiro Taniguchi: Sky Hawk Aus dem Japanischen von
Tsuwama und Resel Rebiersch
Schreiber & Leser (shodoku) 2010
288 S., € 16,95
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Jiro Taniguchi – Sky Hawk

Zwei Samurai stranden nach dem Tod ihres Herren im Wilden Westen und schließen sich einem Indianerstamm an. Sie werden zu hoch geachteten Kriegern und sind maßgeblich am Sieg an Little Big Horn beteiligt. Das hört sich nach einem umwerfenden Plot an und wenn der Zeichner niemand anderes als der japanische Comiczeichner-Liebling des Feuilletons, Jiro Taniguchi, ist, kann man eigentlich erwarten, was auch die französische Comiclegende Moebius im Vorwort von »Sky Hawk« anmerkt. Dass nämlich Taniguchi der einzige Mangaka sei, der in der Lage wäre, die speziellen Vorraussetzungen des Western zu verstehen. – Doch genau das gelingt Taniguchi nicht. Es ist eben kein Western, zumindest nicht die Sorte Western, von der Moebius schwärmt, nämlich die mit rauchenden Colts und wilden Schießereien. Weder erinnert er an die Filme des klassischen Western noch an die Spaghetti-Western. Taniguchi geht es um die Ureinwohner Amerikas und somit ist »Sky Hawk« ein Indianercomic mit zwei Samurai als Hauptfiguren. Wenn schon der Vergleich mit Filmen gesucht wird, dann hätte man eher eine Art »Der mit dem Wolf tanzt« gepaart mit der Brutalität von »Der Mann, den sie Pferd nannten« und auch einer Prise »Lone Wolf and Cub«.

Doch wenn man sich darauf einlässt, dass man eben keinen ‚klassischen’ Western in Händen hält, funktioniert die Geschichte zumeist ganz gut. Die beiden Samurai versuchen, in dem gesetzlosen Alltag der Siedler und Trapper, an den Lehren des Bushido, des Ehrenkodex der Samurai, festzuhalten und entsprechend zu leben. Das führt natürlich schnell zu Problemen mit dem weißen Mann und Unterschlupf finden die beiden schließlich bei einem Indianerstamm. Dessen Krieger stellen sich schnell als eine Art Seelenverwandte heraus, schließlich ist man sich in seiner Kriegerehre doch sehr ähnlich. Leider entsteht genau an dieser Stelle der Punkt, an dem Taniguchis Plot enttäuschend wird. Mit didaktischem Impetus und moralapostelscher Leier buchstabiert er die Verbrechen der weißen Siedler und das daraus resultierende Schicksal der Indianer durch.

Man merkt dem Band zwar an, dass es Taniguchi am Herzen lag, diese Geschichte zu erzählen, aber gerade bei Herzensangelegenheiten verliert man schnell die Distanz. Somit ist »Sky Hawk« zwar immer noch eine solide Genrearbeit, und für Taniguchi-Fans lohnt es sich, auch mal eine actionlastige Arbeit des Meisters zu lesen. Denn seine frühen Arbeiten in dem Bereich werden wohl nie ihren Weg nach Deutschland finden.

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