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18. Juni 2011
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Felix Giesa
für satt.org |
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Das Nachleben der frühen HeldenDie drei Musketiere von Alexandre Dumas gehört zu einem der meistgelesenen Abenteuerklassiker aller Zeiten. Dumas gelang es, die langatmige, historisierende Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts auf humoresk-unterhaltsame Art zu erneuern. Seine Heldenfiguren sollten dabei wegweisend bis in das 20. Jahrhundert sein – bis zu unseren zeitgenössischen Superhelden. Dumas selber bediente sich einer literarischen Vorlage, indem er die Biographie des realen d’Artagnan aus dem Jahre 1700 als Inspirationsquelle nahm. Nur so ist zu erklären, wie mit den Musketieren solch pathetisch und zugleich romantische Figuren die literarische Bühne betreten konnten. Dumas blickte als Romantiker auf einen Stoff des 17. Jahrhunderts, eine Zeit, die er vornehmlich aus deren Malerei kannte. Heldenhafte Selbstinszenierungen etwa des Sonnenkönigs, hatten von ihrem Kostüminventar direkten Einfluss auf die Figuren Dumas’ und fußen ihrerseits direkt in den Heldenbildern der römischen Antike. Für den Kunsthistoriker Aby Warburg stellt das Heldenkostüm eine Pathosformel dar, welches als Bildzeugnis durch die Zeit weiterlebt. So ist es zu erklären, wie Figuren des d’Artagnan oder des Comte de Monte Christo Einfluss auf Helden wie Zorro oder Batman nehmen konnten: Auch für die Helden in Dumas Romanen waren die Kostüme bereits Konzept, Botschaft und Mythos zugleich. Bei den Superhelden der Comics sieht man dies in Reinform. Die literarische Blaupause für den Superheldencomic ist nun, wieder einmal, selber als Comic adaptiert worden. Wie ist das Ergebnis zu bewerten? Obwohl die literarische Vorlage selber als Fortsetzungserzählung im Feuilleton erschien und auch durch seine Wiederholungsstruktur in einzelnen Szenen und Sequenzen die Form des modernen Comics vorwegnimmt oder zumindest für ihn als Form relevant ist, erscheint der Band von Nicolas Juncker im Graphic Novel-Imprint von Carlsen. Aber dies nur als einleitende Feststellung, denn Junckers Adaption mag auch und gerade in dieser Form gut gefallen. Denn Juncker erlaubte sich durchaus einige Änderungen an der Textgestalt, die dem Stoff sichtlich gut getan haben. So liest sich die Geschichte, der Untertitel verrät es, in der seit Jahren nicht nur in der Comicszene beliebten Form der Autobiographie, hier im weitesten Sinne als Tagebuchaufzeichnung d’Artagnans. Auch Dumas nutzte eine seiner Hauptfiguren als Authentizitätsquelle, wenn er im Vorwort schreibt, dies seien die Memoiren des Comte de la Fère, also Athos; Dumas habe sie nur geschildert. Der Leser ist so bei Juncker zwar mit den verworrenen Intrigen des Kardinal Richelieu und der Lady de Winter alleingelassen, da er sich auf die Wahrnehmung des jungen und hoffnungslos unerfahrenen d’Artagnan verlassen muss. Doch steigert dies die Spannung ungemein und verleiht dem Comic den Charakter eines Politthrillers. Allerdings eines eher auch mit Humor aufwartenden, was sich zwar auch in der Vorlage findet, aber besonders in den Panels und Zeichnungen seinen Niederschlag hat. Um den Tagebuchcharakter zu unterstreichen, hat Juncker immer wieder schwarz-weiße Zeichnungen in die ansonsten bunten Bilder eingewoben. Einhergehend mit d’Artagnans Gedanken, werden hier Handlungssprengsel verknappt wiedergegeben, aber auch Einblick in die Gefühlswelt des jungen Musketiers gegeben. Dabei ist es die Handlung, besonders in den actionlastigeren Szenen, in dynamischen Panels montiert, die hier wirklich einmal den Vergleich mit filmischen Mitteln einfordert. Nur in den Comics hingegen funktioniert die Wiederholung einer Grundstruktur in Bildern, die einer bildlichen self fullfilling prophecy gleichkommen. Man beschaue sich nur die beiden Episoden, in denen d’Artagnan vor Richelieu gerufen wird.
Die Strichführung ist dabei weniger reduziert, als einfach, wenn auch durchaus burlesk und verspielt und ähnelt in ihrer Klarheit manchem erfolgreichen französischen Abenteuercomiczeichner wie Joann Sfar oder Christophe Blain, in deren Tradition die Aufzeichnungen des jungen D’Artagnan zu sehen und zu lesen sind, was ihn auch deutlich von An Bord der Morgenstern abgrenzt, der bei Carlsen im gleichen Format erschien. Wenngleich die Bedeutsamkeit – Blain revolutionierte mit seinem Isaak der Pirat geradezu den Piraten- wenn nicht gar den Abenteuercomic – geringer sein dürfte. Erfolg sollte ihm, nicht zuletzt im Fahrwasser der neuen Verfilmung, dennoch beschieden sein.
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