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20. September 2011
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Felix Giesa
für satt.org |
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Ray Fawkes: One SoulRay Fawkes One Soul ist ein Comic, dessen kann man sich wohl sicher sein, über den man reden wird. Dabei wird in One Soul noch nicht einmal eine besonders ausgefallene Geschichte erzählt; wobei streng genommen diese Geschichte sogar achtzehnmal erzählt wird. Denn Fawkes wagt ein erzählerisches Experiment mit seinem Comic: Auf jeder Seite findet sich ein neun Panel-Raster und in allen achtzehn Panels einer Doppelseite ist eine andere Figur Hauptperson. Dabei agieren alle achtzehn Figuren zu unterschiedlichen, zwar chronologisch aufeinander folgenden, Zeitebenen und an unterschiedlichen Orten der Welt: Von jeder Figur wird jeweils das gesamte Leben erzählt. Von der Geburt bis zum Tod. Das man nun nicht jeweils einem Panel durch das gesamte Buch folgen muss, um die Geschichte einer Figur logisch zu erschließen, zeitigt das erzählerische Potential von One Soul. Zum einen nämlich sind die achtzehn Panels einer jeden Doppelseite jeweils minimal in der Lebensentwicklung der einzelnen Figuren verschoben, so dass man auch, obwohl es sich um unterschiedliche Figuren zu unterschiedlichen Zeiten handelt, einer übergeordneten Erzählung vom Leben folgen kann. Und zum anderen ist es eine Erzählung über das Leben in unterschiedlichen Epochen. Dazu gehört, dass Menschen zu den verschiedenen Zeiten eine unterschiedliche Lebenserwartung hatten. Entsprechend sterben manche Figuren Fawkes’ etwas früher als andere. Der Comiczeichner lässt diese Panels konsequent schwarz. Gelegentlich finden sich in diesen schwarzen Panels Gedanken der Verstorbenen aus dem Jenseits, was dem Band insgesamt jedoch eine unnötige Schwere verleiht. Das widerspricht der Leichtigkeit, mit der Fawkes ansonsten seinen Comic durchkomponiert hat, und hier trifft dieses Wort einmal mehr wirklich zu. Der Titel ‚Eine Seele’ verrät schon das Anliegen des Erzählers, der erkennt, dass sich Menschenleben in ihren basalen Strukturen durch die Jahrtausende hindurch gleichen. So ‚liest’ man die erste Doppelseite schwarze Panels, gefolgt von drei Doppelseiten, die am ehesten noch eine chronologische Erzählung im gesamten Band erinnern, wenn sich dort, stark abstrahiert, die Momente des Lebens im Mutterleib abspielen. Was sich auf diesen vier Doppelseiten abspielt, ist Leben, wie es sich immer und überall gleicht. Doch nicht nur am Anfang, auch am Ende unseres Lebens trifft das zu. So fallen in One Soul zum Schluss die Panels langsam auseinander, bis ein letztes Panel die Doppelseite rahmt, gefolgt von einer komplett schwarzen Doppelseite. Nach den einzelnen schwarzen Panels ist hier dann für alle Schluss. Das alles fordert viel vom Leser, für den Zeichner war es offensichtlich schon kein leichtes, achtzehn Geschichten gleichzeitig zu erzählen. Entsprechend anspruchsvoll, dann aber auch lohnend und aufschlussreich, ist die Lektüre.
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