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13. Februar 2016
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Edda Gerstner
für satt.org |
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Im Dezember 2015 erschien der erste Band der neuen Serie »Providence« von Alan Moore und Jacen Burrows bei Panini in deutscher Sprache. Der Comic umfasst 144 Seiten und bietet nicht nur dem Lovecraftkenner spannende Unterhaltung auf hohem Niveau. Sehr schön ist der Stadtplan von Providence auf den Coverrückseiten. Mit ausreichend Geduld könnte man hier sicher die Angell Street 194 finden, wo H.P. Lovecraft 1890 geboren wurde und im März 1937 (allerdings nicht im gleichen Haus) auch gestorben ist. Auf den Klappen und im Anhang finden wir die Cover-Galerie mit wunderschönen, den Blick bannenden, Zeichnungen von Burrows aus verschiedenen Kapiteln. Unter anderem auch die Cover der amerikanischen Ausgaben vom Mai bis zum August 2015. Burrows‘ Stil besticht durch Liebe zum Detail und dem Realismus seiner Bilder. Die in Sepia gehaltenen Farben passen sowohl hervorragend zur Zeit (1919), in der die Geschichte spielt, als auch zu dem geheimnisvollen und unheimlichen Hintergrund. Für alle, die H.P. Lovecraft nicht gelesen haben, findet sich auf den letzten Seiten ein erklärender Text »Der Weg nach Providence« von Antonio Solinas.
Das Cover zeigt ein düsteres Zimmer, bestückt mit einer seltsamen Maschine und einem Bücherregal. Im einfallenden Licht des Fensters, vor der rätselhaften Maschine, sitzt ein älterer, asketisch wirkender Herr, den wir im Buch als Dr. Alvarez kennen lernen. Schon mit der Miniserie »Neonomicon« begaben sich Alan Moore und Jacen Burrows auf die Spuren des Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft. In düsteren Bildern entstiegen Lovecrafts Wesen aus der Tiefe dem Meer. Verstörender als die fremdartigen Fischmänner waren in diesem Band allerdings eher die sexuellen Praktiken der kranken Kultisten. Im ersten Band der neuen Graphic Novel »Providence« geht es dagegen gerade gemächlich zu. Der junge Reporter Robert Black hat einen herben Schicksalsschlag hinnehmen müssen. Um mit sich ins Reine zu kommen, beschließt er, endlich das Buch zu schreiben, das er schon immer schreiben wollte. Sein Traum ist es, etwas Großes zu schreiben, etwas was dieses Land, diese Zeiten ins Mark trifft. Leider hat er noch nicht den leisesten Schimmer, wo es hingehen soll. In den Kapiteln »The Yellow Sign«, »The Hook«, »A Lurking Fear« und »White Apes« begleiten wir Robert Black bei seinen Recherchen. Während Burrows‘ oft bedrückende Bilder das langsam beginnende Grauen festhalten, hat der Leser zudem noch die Gelegenheit in Roberts Tagebuch über die Selbstzweifel, Schuldgefühle und auch die kleinen Liebschaften des Autors zu lesen. Außerdem gibt es noch interessante Fundstücke wie z.B. die Zeichnungen einer seltsamen Frau oder den Gemeindebrief der Kirche St. Judas. Die Menschen, die er auf seinem Weg trifft, könnten unterschiedlicher nicht sein. Da wären z.B. Dr. Alvarez, ein unterkühlter Wissenschaftler, der undurchsichtige Detective Malone, die seltsam fremdländisch aussehenden Mitglieder der Church of St. Jude und unheimliche Hinterwäldler. Wenn Robert anfangs glaubt, Kirchenkeller und Souterrain höre sich doch irgendwie nach Untergrund an, so wird er noch schmerzlich erfahren, was Untergrund wirklich bedeuten kann. Alles in allem bietet »Providence« ein sehr stimmiges, Lust auf mehr machendes Lesevergnügen, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Lovecraft hat immer wieder befreundete Schriftsteller aufgefordert an seiner cthuloiden Welt mitzuschreiben. An diesem Werk hätte er seine Freude gehabt. |
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