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14. März 2017
Felix Giesa
für satt.org


  Dietmar Dath: Superhelden

Dietmar Dath: Superhelden. 100 Seiten, Taschenbuch. Reclam, Stuttgart 2016. 10,00 Euro. Das E-Book ist zum Preis von 7,99 Euro erhältlich.
ISBN: 978-3-15-020420-7
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Jörg Fündling: Asterix

Jörg Fündling: Asterix. 100 Seiten, Taschenbuch. Reclam, Stuttgart 2016. 10,00 Euro. Das E-Book ist zum Preis von 7,99 Euro erhältlich.
ISBN: 978-3-15-020418-4
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Einmal alles in 100 Seiten

Im vergangenen Jahr hat der Reclam Verlag mit 100 Seiten eine neue populärwissenschaftliche Reihe gestartet. Die einzelnen Bändchen, elf liegen bisher vor, Mitte März erscheinen weitere zehn, widmen sich jeweils einem Gegenstand oder einer Person. Reichweite und Umfang sind dabei auffallend heterogen, sie reichen von der „Antike“ über die „Reformation“ bis zu „Sex“ oder den „Menschenrechten“. Mit „Superhelden“ von Dietmar Dath und „Asterix“ von Jörg Fündling liegen auch zwei Titel vor, die sich Comics widmen.

Reclam weißt die Reihe ganz klar als unterhaltsam angelegte Wissenspublikation aus, bei der ein persönlicher Zugang der Autorinnen und Autoren im Vordergrund steht. Das garantiert weitestgehend die unterhaltsame Präsentation, was jedoch zumindest in den beiden Comictiteln auffällt, sind fehlende Abbildungen aus Comics. Es gibt zwar gelungene Infografiken, ansonsten finden sich nur Fotos von Zeichnern; bei Asterix auch noch welche von Figuren. Es steht zu vermuten, dass man hier die Einholung von Rechten gescheut hat, verständlicherweise. Denn es sind oftmals die Rechteinhaber von Comics, die selbst bei wissenschaftlichen Publikationen Abbildungen verweigern, obwohl diese im Grunde durch das Zitatrecht gedeckt sind. Das man in populärwissenschaftlichen Reihen wie der vorliegenden für Abbildungen zahlen sollte, wird niemand absprechen. Doch sind die dafür aufgerufenen Preise teilweise noch heißgelaufener als die Preise auf dem Wohnungsmarkt. Das völlig unbefriedigende daran ist, dass in einer solchen Lösung, wie sie nun der Reclam Verlag geht, alle Beteiligten das Nachsehen haben. Als ob es ernsthaft zu Verkaufseinbußen käme, weil es eine Abbildung von Batman in einem Büchlein über Superhelden gibt.

Doch zum Inhalt, der erfreulicher ist, als die Bildrechtevergabe. Dietmar Dath ist ein Superheldencomicfan, ein umtriebiger noch dazu. Vermutlich ist es ihm allein zu verdanken, dass das Superheldenkino der letzten Jahre eine feuilletonistische Würdigung und kritische Begutachtung in der FAZ erfährt. Dem musste man nicht immer folgen, aber konnte eine echte Liebe zu den Figuren erkennen. Beste Voraussetzungen also für 100 Seiten Superhelden. Dath folgt in seinen Ausführungen und Überlegungen zwei Strategien: Er berichtet von seinen eigenen Lese- und Lebenserfahrungen, berichtet also von eigenem Sandkastensuperheldentum und einer (sehr verständlichen) Liebe zu Kitty Pryde, berichtet von Lieblingsautoren und -zeichnern, immer wieder Chris Claremonts X-Men, und von weiteren relevanten Superheldenfiguren. Dabei geht er nicht streng chronologisch im Sinne einer Abhandlung zeitlicher Entwicklungen vor, sondern, so scheint es, entlang der eigenen Lesebiographie. Zum zweiten entwirft er eine Kategorisierung der Superheldengeschichte als Teil der Fantastik, geboren aus dem Geist der Romantik. Die Argumentation und auch die Einordnung einzelner Stränge des Superheldengesamtnarrativs in diverse Subgenres der Fantastik ist weitestgehend schlüssig, scheint aber in ihrer Absolutheit zu kurz zu greifen. Ist die Fantastik doch selbst Bestandteil der Abenteuerliteratur und lassen sich entsprechend Vorläufer für das Wesen der caped crusaders auch deutlich früher als Zorro finden, wie Jess Nevins in seiner 4.000jährigen Geschichte der kostümierten Rächer unlängst gezeigt hat. Doch das sind Feinheiten, alles in allem folgt man als Fan und Superheldeninteressierter sehr gerne und an vielen Stellen wiedererkennend in die Dath‘sche Lesebiographie.

Im Unterschied zu Dath arbeitet sich Jörg Fündling, von Haus aus Althistoriker an der RWTH Aachen, weitestgehend chronologisch an Asterix ab und schreibt auch weniger persönlich involviert; aber dennoch klar von der Sache eingenommen. So bekommt man auch hier weitestgehend Leseeindrücke gepaart mit Hintergrundwissen geboten. Bei Fündling speist sich dieses natürlich aus dem Wissen um die antiken Quellen. Dieses Wissen bringt er immer wieder ein, um die Funktion der Komik in Asterix nachzuzeichnen. Diese ergebe sich schließlich immer wieder aus dem bewussten Spiel mit und der Verfälschung von den Quellen. Unterhaltsam berichtet er dabei sowohl von der Publikationsgeschichte in Frankreich als auch von der hierzulande, mit dem neben Frankreich wichtigsten Markt für Asterix. Immer wieder merkt Fündling dabei die Übersetzungsleistung von Gudrun Penndorf an, leider ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen. Dabei wäre es gerade interessant, sich diesen Punkt viel deutlicher anzuschauen. Denn nach dem Desaster der frühen Kauka-Übersetzungen war es ja eben Penndorf, die Asterix für den deutschen Markt zugänglich gemacht hat. Doch während Erika Fuchs, die Übersetzerin der Geschichte Entenhausens, allumfassend mit dem Erfolg der Micky Maus hierzulande in Verbindung gebracht wird und ihr in Schwarzenbach an der Saale vor knapp zwei Jahren ein eigenes Museum gewidmet wurde, ist die Auseinandersetzung mit Penndorfs Übersetzungswerk bisher eher oberflächlich.

Bei all dem kann man strukturell zwei Teile ausmachen, die sich um die Zäsur, die René Goscinnys Tod für Asterix bedeutet, gruppieren. Albert Uderzo und René Goscinny haben gemeinsam den Mythos um das unbeugsame Dorf und seine beiden prominentesten Bewohner geschaffen, die Frage nach dem Tod des Autors musste natürlich sein, ob sich der Erfolg mehr aus der Feder oder mehr aus dem Zeichenstift speiste. Aus beidem, wird man nicht nur salomonisch sagen müssen. So oder so war es für Uderzo ein zu großes Unterfangen, die Serie alleine fortzuführen. Die stetig zunehmende Kritik und die kaum zu übersehenden Qualitätseinbrüche zeigt Fündling gut nachvollziebar auf. Wenn er dann in der Folge von den Versuchen einer Erholung berichtet, die sich insbesondere im neuen Asterix-Team Jean-Yves Ferri und Didier Conrad zeigen, sind allerdings die Präferenzen Fündlings für die klassischen‘ Texte merkbar durchzuhören. Erfreulich wäre hier etwa eine vergleichende Lektüre gewesen, die zutage hätte fördern können, welcher bekannter und vor allem bei den Fans beliebter Strukturen sich Ferri und Conrad zum Beispiel bei Asterix bei den Pikten (2013) bedient haben.

Insgesamt bieten die Comicbändchen der 100 Seiten-Reihe also einen willkommenen Leseanlass für Begeisterte, die bereits über eigene Leseerfahrungen verfügen. Aufgrund des doch oft sehr subjektiven Zugangs eignen sie sich kaum als erster Einstieg in die jeweiligen Inhalte, als Nachschlagewerk sind sie zu unstrukturiert. Als Anlass für das in Erinnerung rufen eigener Leseeindrücke werden sie ihr Einsatzgebiet aber sicherlich finden.