Teilweise erinnert dieser Film natürlich an eine Mixtur zwischen Calvin Klein-Werbeclip, "Querelle"-Farbenpracht und einem Blick ins Fotoalbum des Meisterknipsers, aber "chop Suey" geht weit darüber hinaus. Mal begleitet man den gutgebauten Hetero Peter Johnson, den Weber immer wieder für einen Bildband ablichtete, doch dann erlaubt sich der Regisseur immer wieder abzuschweifen, wir erfahren von Frances Faye, einer ziemlich maskulinen Sängerin, die schon zu ihrem Lesbentum stand, als man sich als Kind wahrscheinlich Wochen lang den Mund mit Seife hätte auswaschen müssen, wenn man nur "Kondom" gesagt hätte.
"Chop Suey" ist ein Zirkus von Sinneseindrücken. Nicht nur wegen der Elefanten, Golden Retriever, Pudel und einem Kamelrennen, man weiß einfach nie, was einen als nächstes erwartet. Während etwa Robert Mitchum bei Plattenaufnahmen gezeigt wird, kommen plötzlich Bilder von umhertollenden Nackedeis (Johnson und seine Frau?) ins Bild. Dann gibt es mal eine längere Exkursion über die Nachbarn Nixons, eine Familie, die ebenso tätowierte Surfer wie eine klassische Tänzerin hervorgebracht hat. Dann zwischendurch grellbunte Bilder von einem Catchfight Mitte der Achtziger, dann Aufnahmen aus der Ed Sullivan Show oder irgendwelchen unbekannten Filmen, in denen Frances Faye eine Puffmutter spielte (jaja, soo unbekannt war der Film nicht, aber egal) oder Robert Englund 1974 (also lange, bevor er den rotgrünen Pulli überstreifte) mit einem gutaussehenden Jungmann ins Bettchen steigt. Dann wieder Streifzüge durch Webers Fotosammlung, kleine Anekdoten, Interviews, kurze Auftritte von Frank Sinatra, Peggy Lee, Twiggy oder Pamela Anderson …
"It was never about fashion, it was always about pussy." Neben einem mitreißenden Soundtrack gibt es auch immer wieder Zitate, die man am liebsten mitgeschrieben hätte, hin und wieder wird es aber auch etwas prätentiös.
Wenn man bedenkt, daß es leider statt der 35mm-Kopie nur ein riesengroß aufgeblasenes Digi-Beta-Video gab, mit dem mir in der zweiten Reihe schon einiges abverlangt wurde, ist es umso bezeichnender, daß ich die Bilderflut trotzdem brillant fand. Seit "Buena Vista Social Club" war ich nicht mehr so von Bildern und Tönen gefangen, die hier noch weniger eine stringente Geschichte erzählen. Vielleicht sollte ich doch mehr Dokumentarfilme schauen.