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April 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org

Die innere Sicherheit
D/F 2000

Christian Petzold: Die innere Sicherheit

Regie:
Christian Petzold

Buch:
Harun Farocki, Christian Petzold

Kamera:
Hans Fromm

Musik:
Stefan Will

Schnitt:
Bettina Böhler

Darsteller:
Julia Hummer, Barbara Auer, Richy Müller, Bilge Bingül, Günther Maria Halmer



Die innere Sicherheit



Der deutsche Film begeistert mich mehr und mehr. Hier etwa ein Regie-Debüt, das leise, langsam und atmosphärisch dicht eine Geschichte vom Erwachsenwerden erzählt, wie wir sie so noch nicht sahen.

Jeanne (Julia Hummer, fiel mir in “Crazy” nicht weiter auf, sollte man aber spätestens jetzt ein Auge drauf haben) ist 15 und wäre gern wie ihre Altersgenossen: Sie möchte bei “H&M” shoppen gehen, sich verlieben, endlich nicht mehr von ihren Eltern genervt werden. Doch dummerweise ist ihre Situation eine besondere, denn ihre Eltern (und somit auch sie) leben im “Untergrund”. Was sie vor etwa zwanzig jahren für Verbrechen begangen haben, verrät der Film nicht, die “RAF” wird nicht genannt, aber allzuviel Fantasie braucht der Zuschauer nicht, um wie unzählige Rezensenten die Verbindung zu “Die Stille nach dem Schuss” zu ziehen.

Um nicht aufzufallen, soll Jeanne in einer widerlichen Aldi-Windjacke rumlaufen, und als auch noch das Geld für neue CDs fehlt, ist der Schritt zum Ladendiebstahl voraussehbar. Doch sowas kann natürlich ebenso wie das Vertrauen zu einem jungen Mann übel enden. Das “Versteckspiel” ist hier kein Spiel, jede Zufallsbekanntschaft könnte mehr wissen, als sie zugibt, jeder dunkle BMW könnte Zivilfahnder verbergen. Und das Geld, das man in den “guten Zeiten” mal vergraben hat, eignet sich nur noch für den “Geschichtsunterricht”.

Und da werden wieder Banken inspiziert, während Jeanne sich mit einem jungen Mann, den sie in Portugal kennengelernt hat, heimlich trifft.

“Die innere Sicherheit” baut weniger auf Spannung, sondern auf Atmosphäre, man hört den Wind pfeifen, für Jeanne, die nie ein Zuhause hatte, wird in einer der verblüffendsten Szenen des Films selbst eine Lügengeschichte für fassbare Realität, so sehr wünscht sie sich ein “normales” Leben.

Ein bemerkenswerter Film, über den ich noch mehrere Seiten lang schwärmen könnte.