14:35, im GartenSehe mich nach Monaten des Davor-Drückens nun gezwungen, endlich die Kritik für diesen Film zu schreiben, die ich Thomas versprochen hatte. Kann die Zeit nutzen, um gleichzeitig Sonnenbad zu nehmen und endlich die Blässe nach monatelangem Vor-dem-Computer-sitzen-und-Diplomarbeit-schreiben loszuwerden. S.g.
Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück
Die Londoner Verlagsangestellte Bridget Jones hadert mit ihrer Existenz als
32-jährige Singlefrau. Zielsicher nimmt sie jedes Fettnäpfchen und jede
Versuchung mit, bis sie schließlich - entgegen ihren guten Vorsätzen für
das neue Jahr - mit ihrem Chef, der zwar unerhört sexy, aber auch ein
Charakterschwein ist, im Bett landet. Aber nichts ist bekanntlich schwerer,
als ab dem Neujahrstag die guten Vorsätze einzuhalten, und so können wir
Bridget ein ganzes Jahr bei ihrem Kampf mit allen von außen und innen an
sie herangetragenen Erwartungen begleiten.
Bridget bemüht sich, zwischen Superweib, Karrierefrau und Emanzipation
ihren eigenen Weg zu finden. Selbstironisch, schlagfertig und nicht klein
zu kriegen, so meistert sie diverse Klippen und schafft es schließlich, nicht
nur Mr. Right zu erwischen, sondern auch mit sich selber ein ganzes Stück
zufriedener zu sein.
Helen Fielding rief die Figur von Bridget Jones 1995 in einer Serie von
Kolumnen in der Zeitung "Independent" und später in zwei Büchern
(Bridget Jones's Diary und
The Edge of Reason) ins Leben und traf damit
ins gehetzte Herz vieler moderner Frauen. Scharfsinnig beobachtet Fielding,
wie hoch die Ansprüche an Frauen heutzutage sind, und wie sehr die
meisten Frauen unter ihren angeblichen Unzulänglichkeiten leiden.
Bridget Jones rechtfertigt alle Mängel, die Frau an sich selber entdecken
mag, vom dicken Hintern, über die schlechte Angewohnheit, zu oft und zu
viel zu trinken, bis hin zur Torschlusspanik, mit 30 immer noch nicht
verheiratet zu sein. (Nicht umsonst steht auf den englischen und amerikanischen
Filmplakaten der Hinweis: "HEALTH WARNING: Adopting Bridget's lifestyle
could seriously damage your healt, etwas, das man auf Schokoladenpackungen
vergeblich suchen wird.) Am Ende steht jedenfalls da der/die Richtige, der
einem bestätigt, dass man liebens- und begehrenswert ist, genauso wie
man ist.
Man darf aber bei aller Sympathie nicht vergessen, dass Bridget
nur eine Ansammlung von Eigenschaften ist, die viele Frauen und auch
Männer an sich wiederfinden werden. Es ist nicht die Realität, aber es
macht Mut, seine Träume einmal gelebt zu sehen. Die Frage, ob die
Umsetzung des Romans nun gelungen ist, oder nicht, stellt sich in diesem
Zusammenhang nicht. Das Buch war nie ein literarisches Meisterwerk, und
auch der Film hat diesen Anspruch nicht. Es ist ein gutes Stück Unterhaltung
für Bauchmuskeln und Herz und was mehr daran ist, hat jeder ganz für sich
auszumachen.
Was dem deutschen Zuschauer in der Regel nicht bekannt
sein dürfte, ist die Hintergrundgeschichte zur Entstehung der Figur des Mark
Darcy. Nicht umsonst wird Darsteller Colin Firth von der Presse hierzulande
fast völlig ignoriert. Tatsächlich ist aber die Figur von Bridgets Sandkastenliebe
und heutigem Top-Anwalt, Mark Darcy, weitgehend dem Charakter des
Mr. Darcy aus Jane Austen's
Pride and Prejudice (dt.
Stolz und Vorurteil)
nachempfunden, den Firth in der BBC Verfilmung von 1995 spielte. Ein
Grund für den Erfolg des Films in England war mit Sicherheit die bis heute
andauernde Faszination, die Firth's Performance als Darcy der Regency
Epoche ausstrahlt: voller unterdrückter Emotionen, sich aus der Entfernung
verzehrend, hochmütig, aber dennoch leidenschaftlich und liebend. Dem
Großteil des deutschen Publikums wird die Darstellung des Mark Darcy
leider fast zwangsläufig unverständlich hölzern erscheinen.
Hugh Grant spielt endlich einmal wieder einen Fiesling, aber nur
mäßig überzeugend. Renée Zellweger spielt absolut brilliant, was aber
leider durch den Wirbel um ihre Gewichtszu- und Akzentannahme (sie ist
Texanerin) für den Film, fast untergegangen ist. Dabei sollte sie als
Method-Actress das doch genauso können, wie ein DeNiro oder Tom
Hanks. Treffender Weise zeigt die Aufregung um eine, im Vergleich zum
Hollywood-Standard, dicke Hauptdarstellerin, dass das für Frauen wohl immer
noch nicht in gleichem Maße gilt. Julia Roberts lehnte unlängst eine Rolle ab,
für die sie einige Pfund zulegen sollte.
Leider ist die deutsche Synchronisation so schlecht, dass man kurz
darauf eingehen muss. Wer immer für die Übersetzung zuständig war,
sollte fristlos gekündigt, verklagt, geteert und gefedert werden, für eine
Arbeit, die ein sprachbegabter Siebtklässler mit Langenscheidt's Reiselexikon
besser hinbekommen hätte. Der deutschen Fassung geht ein Großteil des
Wortwitzes, der pointierten Ironie und den Anspielungen auf Jane Austens
Werk verloren oder ist schlicht und einfach falsch übersetzt. Ich kann nur
JEDEM empfehlen, sich die Originalversion mit Untertiteln anzusehen, die
zwar ebenfalls schlecht übersetzt sind, die aber wenigstens leichter ignoriert
werden können.
Bei der letzten Preview Vorstellung, die ich besuchte, stolperte ich
über ein kleines Fernsehteam, das der Frage nachgehen sollte, ob Bridget
Jones als Film nur für Frauen oder auch für Männer sehbar sei. Was immer
der Film auch für Frauen bedeuten mag, Männer sollten ihn sich ebenso wenig
entgehen lassen. Sie könnten dort Dinge sehen, die sie dem Verständnis
von Frauen ein ganzes Stück näher bringen werden. Und wenn mann das nicht
will, weil er sonst als "Frauenversteher" verschrien werden könnte, dann
werden wir ihn genauso abblitzen lassen, wie ein emotionaler Flachwichser
(engl. emotional fuckwit) es verdient.
Also dann: Prost Chardonnay und wo sind die Kippen?
18:50, mein Schreibtisch Habe wieder einmal bewiesen, dass Frauen viele Dinge gleichzeitig tun können. Ha!
Kann stolz auf mich sein, weil Kritik wirklich gut geworden ist. Habe allerdings etwas Schuldgefühle, weil mal wieder die Eitelkeit gesiegt hat. Statt langfristig Falten und Hautkrebs vorzubeugen, wollte ich lieber kurzfristig nicht länger aussehen wie ein unreifer Käse. Hmf.
Werde sobald ich Thomas die Kritik geschickt habe, sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen gegen Sonnenbrand und Falten einleiten.