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September 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org
Blow
USA 2001

Ted Damme: Blow

Regie:
Ted Damme

Buch:
David McKenny, Nick Cassavetes

Vorlage:
Bruce Porter

Kamera:
Ellen Kuras

Schnitt:
Kevin Tent

Musik:
Graeme Revell

Darsteller:
Johnny Depp (George Jung), Ray Liotta (Fred), Paul Reubens, Penelope Cruz (Mirtha), Franka Potente (Barbara), Jordi Mollá (Diego), Ethan Suplee (Tuna), Rachel Griffiths (Ermine)



Blow



Es ist erstaunlich, wie oft "dpa" im Verlauf des Jahres als "Nachrichten" deklarierte Öffentlichkeitsarbeit leistete, die geneigte Leser darüber informierte, in welcher Art sich Franka Potentes erster Hollywood-Auftritt gestaltete. Jenes manifestierte sich größtenteils in ihrer Schilderung des ersten Filmkusses mit Johnny Depp. Weiche Knie, Pfefferminzbonbons und professionelle Abgeklärtheit.

Daß Franka zumindest auf dem deutschen Plakat als dritte Hauptdarstellerin geführt wird, ist gelinde gesagt ein Etikettenschwindel. Ich habe nicht gezählt, wieviele Sätze sie sprechen durfte, aber ihre Rolle hätte ebenso Claudia Schiffer spielen können, denn es beschränkte sich eigentlich auf ein von Herzen kommendes Lächeln und eine blonde Perücke. Ihr größter schauspielerischer Verdienst im Verlauf des Films ist eher der Make-Up-Abteilung zuzuschreiben.

Aber das liegt weniger an ihr, denn auch Johnny Depp bleibt klar unter seinen Fähigkeiten. Nur in wenigen Momenten geht sein Schauwert über trashige Frisuren, Koteletten, einen Schmerbauch und andere Alterserscheinungen hinaus. Und über Penelope Cruz will ich gar nicht erst anfangen …

Dennoch gibt es in diesem Film herausragende schauspielerische Darstellungen, und zwar von Paul Reubens und Ray Liotta, also zweien, von denen man es vielleicht nicht mehr erwartet hätte. Im Fall von Paul Reubens, der unter dem Namen "Pee Wee Herman" warscheinlich bekannter ist, haben wir es mit einem allen Klischees entsprechenden schwulen High Snobiety-Friseur zu tun, den zu beobachten einfach ein Vergnügen ist, insbesondere, wenn man weiß, inwiefern "drug habits" und eigentümliche sexuelle Vorlieben auch in der Karriere von "Pee Wee" eine Bedeutung hatten.

Ray Liotta hingegen, der noch in "Heartbreakers" nur ein Schatten seiner selbst war, zeigt hier detailliert und überzeugend den Alterungsprozeß, den man Johnny Depp mit seinem Kissen unter dem Trainingsanzug einfach nicht abnimmt. Und natürlich ist Liotta auch schuld daran, daß man bei "Blow" dauernd an "GoodFellas" denken muß, wo eine sehr ähnliche Geschichte noch ausführlicher, aber ungleich mitreißender erzählt wurde.

"GoodFellas" und "Traffic" mögen zwei gelungene filmische Vorbilder sein, doch das Hauptproblem dieses "auf einer wahren Geschichte basierenden" Films ist, daß die Hauptfigur, ein immer wieder scheiternder Drogenschmuggler, als positive Person rüberkommen soll. Wie der Marihuana-Schmuggler Howard Marks in seiner Autobiographie "Mr. Nice" tut er keinem ein Leid an, kiloweise konsumiertes Kokain führt zu keinerlei gesundheitlichen Problemen, selbst schwangere Frauen können sich bedenkenlos vergiften, im ganzen Film gibt es größtenteils nette Menschen, wenige Verräter, die dann aber Gewissensprobleme bekommen, selbst Drogenbosse, die ihre Hacienda mit wiederkehrenden Blutflecken dekorieren, sind ethisch einwandfrei, die Mordaufträge allenfalls Fälle von sozial korrekter Sterbehilfe. Allenfalls drei Personen werden negativ dargestellt, und selbst bei diesen wird noch langatmig erklärt, warum sie sich wohl so verhalten, denn auch sie trifft keine Schuld, daß für das überschreiten einer imaginären Linie mit einigen Pflanzen überhaupt jemand der Freiheit beraubt wird, und somit seinen hehren Lebenszielen nicht nachkommen kann, scheint ein nicht nachzuvollziehendes Mißverständnis zu sein.

Das einzige, was ich nicht verstehe, ist, für wie blöd man den Zuschauer hält. Eigentlich ist "Blow" eine nicht besonders inspirierte, aber solide Handarbeit. Die Kindheit der Hauptfigur wird in schönen Farben erzählt, die Spannungskurve wird bis zuletzt aufrechterhalten, aber wer der Versuchung widersteht, sich gefällig einlullen zu lassen, kann den Film so sabotieren, wie es einmal Woody Allen tat, denn durch einen "Blow" wird aus einer sorgsam aufgereihten Linie weißen Pulvers nur eine Staubwolke.