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September 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org

Happy-Go-Lucky
(Natsu jikan no otanatachi)
73 Min, Japan 1995

Buch
und Regie:
Nakashima Tetsuya

Darsteller:
Hidaka Yoshitomo, Kishibe Ittoku, Nagi Noriko



Happy-Go-Lucky
Natsu jikan no otanatachi



Der Aufschwung am Reck ist das Maß aller Dinge, so will der Turnlehrer es seinen jungen japanischen Schülern weismachen. Wer diesen nicht beherrscht, wer es nicht immer und immer wieder versucht, bis es klappt, sondern sich zu drücken versucht, der wird auch im Leben immer vor allen Hindernissen davonlaufen und ein Verlierer sein.

Dasselbe zählt natürlich auch für Leute, die sich nicht an die Schulordnung halten und auf dem Heimweg am Kiosk Süßigkeiten kaufen. Ihr Leben ist verwirkt, sie sind die Deserteure, die Schuld am Niedergang des Landes haben.

Ich selbst kann nur zu gut nachvollziehen, wie es ist, wenn ohne eigenes Verschulden eine Hausarbeit nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig abgegeben werden kann. Bei mir war damals meine Großmutter Schuld daran, daß die dritte Fünf in "Textiles Gestalten" mir das Genick brach. Danach war auch mein Leben verwirkt, kaum eine Prüfung, in der ich nicht durchfiel, kaum etwas, wobei ich nicht versagte.

Das alles ist natürlich ein Riesenschmarrn, ebenso wie die Annahme des jungen Helden dieses Films, daß nur dicke Titten begehrenswerte Frauen ausmachen.

Aber die Art und Weise, wie Regisseur und Drehbuchautor Nakashima Tetsuya profunde Weisheiten mit lapidarem Irrsinn verquirlt, wie er den Blick auf und aus der Kindheit zweier Generationen vergleicht, wie er Mythen wie die Schlangenfrau mit Legenden wie der Frau, die ihren verschollenen Gatten in einer Karaoke-Box mit einer Minderjährigen findet und niederschlägt, dieser Charme des Films gibt einem das Gefühl, daß man nicht der Einzige ist, der an den Unabwägbarkeiten des Schicksals verzweifelt. Und dafür kann man (muß aber nicht) diesen Film lieben.