killer.berlin.doc
Im Mai 1998 ließen sich zehn Personen, die in unterschiedlichen
Medien tätig sind, darauf ein, für 14 Tage spielerisch gleichzeitig
potentielle Mörder und deren Opfer zu sein, und das ganze dabei
tagebuchartig festzuhalten, damit daraus ein Film werden konnte.
Der Film wurde im Februar 1999 im Forum der Berlinale
uraufgeführt, lief später auch zu später Stunde im ZDF, und seit zwei Monaten gibt es auch die CD-Rom dazu, auf der man
noch viel mehr über das Projekt erfahren kann, aber ich werde im folgenden
erst mal meine persönlichen Erfahrungen mit "killer.berlin.doc" schildern:
Ein aktueller deutscher Film mit einem interessanten Titel und
einer CD-Rom-Präsentation. Warum nicht? Ich bin immer offen für filmische
Experimente und setzte mich mit einem Bekannten ins Arsenal. Bereits ganz
zu Beginn das Aha-Erlebnis: Max Andersson, der tolle Comic-Zeichner,
dessen Dia-Show "Wie kranke Ideen entstehen" ich mir am Samstag beim
Comic-Festival unbedingt anschauen will, ist einer der zehn Personen. Ich
bin verzückt! Und Andersson ist auch eine der inoffiziellen Hauptfiguren
des Films, weil er sich nicht einmal durch seinen Tod davon abbringen
läßt, seinen Mordauftrag ausführen zu wollen. Aber leider zählen
"Geister-Attacken" nicht.
Es ist immens unterhaltsam, wie sich die zehn Täter/Opfer
gegenseitig ausspionieren und liquidieren wollen. Max etwa wundert sich in
einem Biergarten, wer wohl sein Mörder sein könnte, der Zuschauer ist sehr
amüsiert darüber, daß ihm ausgerechnet die sehr auffällige blonde
japanische Videokünstlerin Akiko nicht auffällt. Später wird Max einen
Brief lesen, auf eine Kontonummer stoßen, die sich wie ein Countdown
anhört, und zu sich sagen: "Hoffentlich bin ich jetzt nicht tot …"
Aber überall gibt es interessante Geschichten zu erzählen.
Giftspinnen im Prinzenbad, vergiftete Drinks, entführte Hasen, mißlungene
Überwachungsaktionen, ein Duell, Verfolgungswahn und Selbstmordversuche.
Jeder Mitspieler darf die Regeln kreativ beeinflußen, und da es um
kreative Mitspieler handelt, entwickelt das Spiel eine interessante
Eigendynamik.
Laut den Regisseuren spricht der Film 95% der Menschheit überhaupt
nicht an, aber wer bei dieser Rezension Interesse verspürt, gehört
wahrscheinlich zu den glücklichen 5%. Das einzige, was mir nicht gefällt,
ist, daß ich das Comic-Tagebuch von Max Anderson wahrscheinlich nur zu
sehen bekomme, wenn ich mir die CD-Rom hole, aber ich habe ja nicht mal
ein Laufwerk dafür …