Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




September 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org

Password: Swordfish
(Swordfish)
USA 2001

Dominic Sena: Password: Swordfish

Regie:
Dominic Sena

Buch:
Skip Woods

Kamera:
Paul Cameron

Schnitt:
Stephen Rivkin

Musik:
Christopher Young, Paul Oakenfold

Darsteller:
Hugh Jackman, John Travolta (Gabriel), Halle Berry (Ginger), Don Cheadle, Vinnie Jones, Sam Shepard (Senator)

Deutscher Kinostart:
1. November 2001



Password: Swordfish



Der Starttermin des neuen Films mit Arnold Schwarzenegger, in dem es um eine Geiselnahme in einem Flugzeug oder ähnliches geht, wurde erstmal verschoben, und Wolfgang Petersen, mal ein begabter deutscher Filmemacher, der nun leider in Hollywood nur noch Filme macht, ließ sich zur Aussage hinreißen, daß die Ereignisse in Manhattan auch die Filmlandschaft verändern werden. Petersen, der sich mit dem miserablen “Air Force One” aus der Riege ernstzunehmender Regisseure verabschiedet hat, scheint etwas voreilig mit seinem Urteil.

“Swordfish”, ein Film, der meines Wissens in den USA schon anlief, kann mit keiner Flugzeugentführung dienen, aber immerhin gibt es folgende Entwicklungen während des Films: Mindestens zwei Straßenzüge werden verwüstet, ein fliegendes Fahrzeug mit diversen Geiseln prallt mit einem Wolkenkratzer zusammen, eine damit zusammenhängende Explosion schadet dem Aussehen eines (anderen???) Hochhauses, das FBI steht ziemlich hilflos daneben und am Ende wird ein Terrorist mit Namen ***** ben ***** (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind angeblich nicht beabsichtigt) zur Strecke gebracht.

Bei der Sneak Preview, die eigentlich im englischen Original sein sollte, klärte mich der Kassierer darüber auf, daß ausnahmsweise eine deutsche Fassung gezeigt werden würde. Als ich daraufhin fragte, ob es denn wenigstens ein guter Film sei, bejahte er mit einer Natürlichkeit, die wenig über den Film, aber viel über seinen Marketingauftrag sagte. “Swordfish” ist kein guter Film, ganz im Gegenteil, es ist der schlechteste Kinofilm, den ich dieses Jahr gesehen habe, und ich war immerhin in “What Women Want”.

Ein anderer Angestellter des Kinos klärte uns darüber auf, daß es der Kinoleitung leid tue, uns weniger als eine Woche nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center solch einen Film zu zeigen, aber die Vorstellung war schon lange Zeit geplant. Der bundesdeutsche Kinostart des Films hingegen konnte hingegen ohne größere Probleme auf den November verschoben werden.

Der Film hat tatsächlich einige gute Ansätze und Ideen. So beginnt der Film mit einer grauenhaft unscharfen und verwackelten, schlecht geschnittenen Einstellungsfolge (lange Zeit dachte ich, die dramaturgische Funktion dieser Aufnahmen würde sich noch offenbaren, aber zumindest nicht mir …), während derer John Travolta uns erzählt, woran es dem Hollywoodfilm gebricht. Zu diesem Zeitpunkt könnte man noch denken, man habe es mit einer cleveren Mediensatire zu tun, doch der Eindruck kann sich nicht halten.

Travoltas Verbesserungen zu den gescheiterten Kriminellen in Sydney Lumets “Dog Day Afternoon” und Steven Spielbergs “Sugarland Express”, seine Hochachtung vor Houdini könnten unter anderen Umständen der Hintergrund einer ínteressanten Figur abgeben, aber mal ganz abgesehen davon, daß Travolta von Film zu Film schlechter wird, in diesem Film stimmt leider so gut wie nichts, und man würde Spielberg und Lumet beleidigen, wenn man ihre Filme mit diesem Machwerk vergleichen würde.

Der Höhepunkt des Films kommt nach den langen Ausführungen Travoltas, wenn sich zeigt, warum die Geiselverhandlungen an technischen Problemen scheitern müssen. Danach geht man vier Tage in die Vergangenheit und der Vorspann setzt ein. An dieser Stelle sollte man den Film verlassen, abgesehen von einigen gutaussehenden Menschen kommt nichts mehr.

Hugh Jackman, der als Logan/Wolverine schon einer der Höhepunkte von “X-Men” war, zeigt auch hier, daß er ein großer Star werden könnte, er erinnert in Aussehen und Charisma sowohl an Steve McQueen als auch an Clint Eastwood, also zweien der absoluten Väter des Actionfilms.

Nur mit dem schauspielerischen Talent hapert es noch ein wenig.

Halle Berry sieht immer noch atemberaubend aus, nur leider beschränkt sich ihre Rolle auch auf das Hochziehen von Röcken, ein wenig Hinterngewackel und das Präsentieren ihres schwarzen BHs und dessen, was dahinter versteckt ist.

Die weiteren Darsteller wie Don Cheadle (“Traffic”), Sam Shepard oder Vinnie Jones (“Lock, Stock, and two smoking Barrels”) haben auch nichts zu melden, selbst, wenn man ihnen Talent unterstellen könnte, ist in diesem Film davon nichts zu sehen.

Ich habe bereits eingangs aufgeführt, warum dieser Film angesichts aktueller Ereignisse momentan besonders unpassend erscheinen muß. Doch ich habe mir alle Mühe gegeben, ihn objektiv zu betrachten, auch wenn man seit dem 11. September bestimmte Sequenzen in Filmen wie “Die Hard” oder “True Lies” mit ganz anderen Augen sieht.

Also eine kurze Übersicht über Aspekte des Films, die die Intelligenz und das Zartgefühl der Zuschauer beleidigen, ohne mit explodierenden Wolkenkratzern in Verbindung zu stehen. Eine Warnung vor Spoilern gibt es diesmal nicht, weil nichts, was ich schreiben könnte, das nichtexistente Vergnügen an diesem Film verderben könnte.

Die zehnjährige Tochter des vorbestraften Computerhackers, den Hugh Jackman spielt, ist ein lebendes MacGuffin. Sie hat drei kleine Szenen, ist aber eigentlich immer nur die Daumenschraube, die die Gangster anwenden, um Jackman gefügig zu machen. Die Mutter lebt seit der Trennung mit einem wohlhabenden Pornoproduzenten zusammen, in dessen Filmen sie auch auftritt. Natürlich vergißt sie auch mal, ihre Tochter von der Schule abzuholen, wenn sie ihren Rausch ausschläft. Am Ende des Films, als unser Held mal wieder abtrünnig zu werden droht, kommen einige böse Jungs bei der Tochter vorbei, töten ihre Mutter und den Stiefvater (wahrscheinlich dürfte “Holly” das auch mitbekommen haben) und hinterlassen nur eine beschädigte Brille, woraufhin der liebende Papi natürlich alle moralischen Bedenken fallen lässt, um seine Tochter zu retten. Nachdem ihm dies gelungen ist, und er trotz diverser Verstöße gegen seine Bewährung, schwerster Computerverbrechen und mindestens einem Mord einfach mit seiner Tochter Urlaub machen darf, sieht man dieser nicht im geringsten an, daß sie gerade zur Halbwaise wurde und bei der Geiselnahme wahrscheinlich auch nicht unbedingt liebevoll behandelt wurde. Doch ihre Mutter ist noch weniger Mensch als sie selbst, eine unverantwortungsvolle Pornodarstellerin soll wahrscheinlich vom Publikum sofort wieder vergessen werden, wenn das Happy End auf dem Plan steht.

Halle Berry wird mal von Hugh Jackman in ihrem (?) Zimmer erwischt, als sie gerade wenig anhat (Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei Hinweise darauf, warum jener ohne Anzuklopfen ihre Privatgemächer besuchen sollte). Dabei sehen wir und er, daß sie ein Tonbandgerät am Körper trägt, und sie erklärt uns recht schnell, daß sie für die Drug Enforcement Agency arbeitet, was nur des Zuschauers Vermutungen, daß sie doch im Herzen gut ist, bestätigt. Später allerdings erfahren wir, daß sie ein doppeltes Spiel trieb. Meine Frage ist jedoch: Warum zieht sie sich lange Zeit lasziv in ihrem Zimmer aus, nur beobachtet vom Kinozuschauer, wenn es von jeher ihr Plan war, von Jackman in kompromittierender Situation erwischt zu werden? Oder war sie womöglich in seinem Zimmer? (Noch bescheuerter). über derartige Löcher in der Dramaturgie sollte man nicht nachdenken, sonst stößt man auf immer neue …

Eine der blödsinnigsten Szenen des Films war übrigens eine Verfolgungsjagd, die mit dem willentlichen Sprung von drei Personen eine unendlich tief und steil erscheinende Klippe hinab endete. Am Schluß kamen alle etwas verstaubt unten an, unterhielten sich, obwohl es nichts spannendes zu bereden gab, und gingen wieder ihres Weges.

Und zum Abschluß noch ein Beispiel für den beispiellosen Zynismus dieses Films. Um uns schon früh darauf hinzuweisen, daß man sich nicht mit dem größenwahnsinnigen Terroristen Travolta einlassen sollte, wird ein früherer Mitarbeiter erschossen, der mittlerweile zeigte, daß er guten Herzens und sympathischer als die meisten Figuren in diesem Film ist. Jener Finne, der für die zwei einzigen gelungenen Scherze des Films sorgt. scherzt auch vor einem großformatigen Spiegel, während wir längst wissen, daß er jeden Moment per Kopfschuß von einem dahinter verborgenen Killer hingerichtet werden soll. Ich habe keine Ahnung, was daran witzig sein soll, wenn Menschen unnötigerweise, hinterhältig und feige erschossen werden.

Der Regisseur zeigte übrigens schon bei “Kalifornia” sein Potential für Zynismus, und “Gone in 60 Seconds” habe ich glücklicherweise gemieden.

Ich wiederhole nochmal das wichtigste Statement über diesen Film: SCHEISSE! Sogar noch schlechter als “The Bone Collector” und “Beverly Hills Cop 2”, und das ist wirklich die einzige Errungenschaft dieses Films.