Broken Blossoms Großbritannien 1936
Regie: Hans Brahm
Darsteller: Dolly Haas, Arthur Margetson, Emlyn Williams
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Broken Blossoms
Der Titel kam mir ja sehr bekannt vor, aber da dieser Film offenbar nie in Deutschland angelaufen ist, konnte ich vor dem Kinobesuch trotz meiner Filmlexika nur wenig herausfinden. Im "Dictionnaire du Cinéma" erfuhr ich immerhin, daß der Regisseur aus Deutschland immigriert war, sich bald John nannte und er am Theater mal Griffith-Stücke bearbeitet hatte. Zumindest habe ich den französischen Text so interpretiert, was mich aber immerhin zum Kinobesuch ermutigte. Hätte ich auch noch gewußt, daß "Lys brisé" der französische Titel von Griffiths "Broken Blossoms" ist, wäre ich mir ganz sicher gewesen, daß es ein Remake ist.
Natürlich ist das Original besser, aber es gibt durchaus auch einiges, was für diesen nahezu unbekannten Film spricht. Zum Beispiel, daß Lucy und ihr Vater durch die Dialoge, ja vor allem durch die Stimmen und die Diktion viel an Charakter gewinnen. Im Falle des China-Manns ist dies leider nicht so, zum einen ist die Darstellung durch Richard Barthelmess unerreicht, zum anderen war es in seinem Fall auch besser, daß er schwieg. An weiteren Erneuerungen kann man im chinesischen Prolog nette Miniaturen betrachten, es gibt aber auch in London nette Bauten. Die kammerspielartige, fast nur auf die drei Hauptcharaktere beschränkte Struktur bei Griffith wird hier, wohl der Dialoge wegen, bereichert, was nur in wenigen Fällen positive Ergänzungen hervorbrachte. Aber ein Gespräch mit einer Lebensmüden, deren Blick ins schlammige Brackenwasser treffend eingefangen wurde (glücklicherweise besteht sie darauf, sich in sauberem Wasser zu ertränken) oder ein paar nette Match-Cuts, ein Schneesturm, ein brutales Scheunentor, das auf einen jungen Baum einschlägt, und Sequenzen, die Kubrick, Hitchcock oder von Trier vielleicht inspiriert haben, führen mir wieder vor Augen, wieviele Filme noch zu entdecken sind, auf die einen Generationen von Filmkritikern NICHT hinweisen.
Auch Siegfried Kracauer hätte "Broken Blossoms" gemocht, denn die Art und Weise, wie hier vom gewaltbereiten Londoner Mob Steine geworfen und der Laden des chinesischen Prügelknaben aufgemischt wurde, erinnerte mich an gewisse Strömungen, die vielleicht Regisseur Brahm dazu bewogen hatten, Deutschland den Rücken zu kehren. Mich würde schon interessieren, inwiefern Brahm Bilder, die an die Reichskristallnacht erinnern, schon zwei oder drei Jahre zuvor in Deutschland miterleben musste, oder ob jene Inszenierung gar prophetischen Charakter hatte.
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