up-and-coming Film Festival Hannover
31.10. - 4.11.2001
Zum 6. Mal fand in diesen Tagen das international besetzte 'up-and-coming' Filmfestival in Hannover statt. Über 2000 junge Filmemacher (Altersgrenze: 27) weltweit hatten sich darum beworben ihren Kurzfilm auf dem Festival präsentieren zu dürfen, ein zehntel davon traf schließlich diese Gunst.
Austragungsort war das neue Museum der Kestnergesellschaft.
Das Festival war angetreten, der Kreativität der 'younger generation' ein Forum zu sein, Innovationsfreude und Zeitgeist auszustellen. Was mit dem illustren Spektrum an nichtkommerziellen Filmproduktionen auch mühelos erreicht worden ist und vom Urteil der Jury nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte. Angenehm zudem, daß sich unter die Festivalteilnehmer nur wenige Kulturbeflissene über 30 mischten. Party !
Lichtblicke waren Filme wie 'Succubus' (USA), 'Connected' (Indien), 'Fänger' (Deutschland) und 'This Morning, I' (China), um nur einige zu nennen. Alle diese Filme zeichnete innovative Kameraführung, Sparsamkeit an Handlung und dafür treffsicherer Einsatz der Mittel aus. 'Succubus' thematisierte mit plakativen Bildern die gigantische Konstruktion einer Stadt, wechselweise in Computeranimationen übergehend. Die Geräuschkulisse wirkte hier nicht untermalend oder begleitend, sondern war gleichberechtigter Teil. Auch 'Connected' begab sich auf den Weg durch eine Metropole, allerdings diesmal aus der Sicht eines Protagonisten, der sich in einen schwindelerregenden Alltag begibt und ohnmächtig, aber nicht niedergeschlagen, staunt. Die Schranken der körperlichen Gegenwart in diesem Großstadtgetöse sind durch intensive Nutzung neuer Medien natürlich aufgehoben. Der deutsche Beitrag 'Fänger' arbeitete mit einer wohlkomponierten Aneinanderreihung weniger Fotos, die zu einer sinnvollen Sequenz zusammengesetzt waren. 'This Morning, I' erzählte in rasenden Bildern den Alltag eines chinesischen Managers, der sich abends beim Niederschreiben seines Tagebuchs fragt, womit er eigentlich seinen Tag verbracht hat. In ständig variierenden Szenen wird gezeigt, wie der Stift über dem Tagebuch wie eingefroren verharrt, unwillens, weitere Worte zu Papier zu bringen. Wild wird alles zuvor Geschriebene wieder durchgestrichen, worauf sich der Alltag des Protragonisten scheinbar von neuem abspielte.
Im Gegensatz zu den internationalen Einsendungen wirkten die meisten deutschen Produktionen bieder oder bedeutungsschwanger. Im Ausland scheint man einfach mehr zu wagen und weniger von Ansprüchen gefesselt zu sein, was einen guten Film ausmacht. Geistiger Tiefpunkt war sicherlich ein Zusammenschnitt der packendsten Fußballszenen der vergangenen Jahre, versehen mit lustigen Bildunterschriften. Hier fragte man sich, welche Quote dieses Machwerk wohl erfüllt haben muß, um zum Festival zugelassen worden zu sein.
Den hervorragenden Eindruck, den man vom Festival insgesamt angesichts der gebotenen Vielfalt bekam, kontrastierte leider in auffälliger Weise mit der Entscheidung der mit honorigen Persönlichkeiten des Kulturbetriebs besetzten Jury, welche Filmproduktionen denn zu prämieren seien. Daß damit geworben wurde, Oscarpreisträger wären zuvor in up-and-coming Festivals ausgezeichnet worden, war wohl als Hinweis auf die Wertung dieser Kritiker zu verstehen. Die jeweils ersten Preise im nationalen und im internationalen Wettbewerb, 'Ertippt' und 'Luka' (Niederlande), waren beileibe keine schlecht gemachten Beiträge. Nur gab es innovativere und handwerklich sicherlich ebensogut oder besser produzierte Filme. 'Luka' erzählt die Leidensgeschichte eines heranwachsenden Mädchens, das auf einem Bauernhof lebt und an der Brutalität und Gefühlskälte der Erwachsenenwelt verzweifelt. Die jeweils 2. und 3. (und 4. und 5. und 6.) Preisträger waren meist kaum geeignet, die auf dem Festival gezeigten Filme anzuführen, das hat selbst Blixa Bargeld als Juror nicht rausgerissen. Sie waren entweder langweilig, schwermütig, kitschig, gewalttätig oder schlichtweg blöd, die Quote ließ wieder einmal grüßen. Den Veranstaltern des up-and-coming Film Festivals ist zu empfehlen sich zukünftig eine Jury zuzulegen, die nicht nur aus Mitgliedern des kulturellen Establishments besteht. Deren Entscheidung bestraft alldiejenigen mit Mißachtung, die aus Produktionstraditionen ausgebrochen sind, indem sie das Medium Film zeitgemäß weiterentwickelten.