Die Gefangene La captive Frankreich/Belgien 2000
Regie: Chantal Akerman
Buch: Chantal Akerman, Eric de Kuyper
Lit. Vorlage: Marcel Proust
Kamera: Sabine Lancelin
Schnitt: Claire Atherton
Darsteller:
Stanislas Merhar (Simon), Sylvie Testud (Ariane), Olivia Banamy (Andrée), Liliane Rovère (Françoise), Françoise Bertin (Großmutter), Aurore Clément (Léa)
Kinostart: 09.05.2002
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Die Gefangene La captive
Von Proust verstehe ich bekanntermaßen nicht viel, doch umso mehr konnte ich diesen Film genießen. Zwar gibt es einige Punkte der Geschichte, die ich nach vorheriger Lektüre des Prätextes sicher besser verstanden hätte, aber im Gegensatz zu etwa "Pola X" kann dieser Film auch für sich stehen. Es geht um einen jungen wohlhabenden Mann, der ziemlich eigentümliche Auffassungen von Begriffen wie Sexualleben oder Beziehung hat. Von einer Obsession zwischen Eifersucht und fehlendem Vertrauen innerlich zerfressen hält er seine Freundin wie eine Gefangene, die er nur unter Bewachung aus dem Haus läßt. Dummerweise scheint die junge Frau aber durchaus hingezogen zu ihrer weiblichen Aufpasserin, und das Spiel um Vertrauen und Intrige bleibt bis zum Schluß undurchsichtig. Ob es sich hier um eine sadomasochistische Liebe oder eine eher auf wirtschaftlichen Gesichtspunkten basierende Beziehung handelt, macht für die erzählerische Kraft des Films keinen Unterschied. Einige Verfolgungsszenen erinnern an "Don't look now" oder "Vertigo", ebenso wie der Musikeinsatz, der aber (neben dem Thema) auch an "Eyes Wide Shut" gemahnt. Und die seltsamen Formen der Sexualität sah man zuletzt in "Die Klavierspielerin" noch schärfer ausgeleuchtet. Nur sind die darstellerischen Leistungen in "La captive" verhältnismäßig unspektakulär, aber das ist durchaus geplant, um die Geschichte für viele Deutungen offenzulassen. Ähnliches könnte man auch über eine der letzten Szenen sagen, die stümperhaft inszeniert scheint, aber schnell klarmacht, daß dies absichtlich geschah.
Eine Szene, die meines Erachtens hingegen wirklich meisterhaft ist (insbesondere, wenn man vorher nicht zuviel davon verrät), ist die im Badezimmer, die mit den Erwartungen und Gedanken des Zuschauers spielt, wie es viel zu selten im Kino passiert.
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