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Januar 2002
Frank Willmann
für satt.org

Der Boxprinz
D 1999/2000

Gerd Kroske: Der Boxprinz

www.boxprinz.de

Buch
und Regie:
Gerd Kroske

Kamera:
Susanne Schüle

Schnitt:
Karin G. Schöning

Ton:
Bernhard Albrecht



Kinostart:
24. Januar 2002

Premiere am 23. Januar 2002, 20 Uhr 30 im Babylon (Dresdener Straße 126, Berlin), der Regisseur, Protagonisten des Films und Mitglieder des Teams laden zum Gespräch.
Ebenfalls zur Vorführung und zum Gespräch laden Regisseur und Team am 24.01: 19 Uhr 30 im Blow Up (Immanuelkirchstraße 14), um 20 Uhr 30 im Moviemento (Kottbusser Damm 22) und um 22 Uhr im Babylon, alle in Berlin.

Parallel dazu zeigt das Kino Babylon vom 25. bis 31. Januar 2002 eine sechsteilige Reihe von Filmen, in denen der "Prinz" als Schauspieler mitwirkte.



»Ich bin der Größte, wenn ich unter Strom stehe«



Vorhang auf, der Film beginnt. Zwei Männer, um die 60 Jahre alt, Schwarzer der eine, der andere ein Weißer, unterhalten sich in einem kalifornischen Boxstall über Profi-Weltmeisterschaftskämpfe, stattgefunden in den längst vergessenen 70er Jahren.

Keinesfalls aufregend, könnte man meinen, wäre nicht einer der Männer Norbert Grupe, Boxername "Prinz von Homburg", Bürgerschreck, Rowdy, Beatle, Schauspieler, Rebell, Schwiegermutterschreck, alles andere als Gentlemen a la Henry Maske. "Der Prinz", wie er von seinen wenigen Freunden liebevoll genannt wird, war im Ring ein Mann fürs Grobe. Ein Boxer, der schwer einstecken konnte, wie uns Originalbilder seiner Kämpfe zeigen. Einer, dem nie der große Wurf im Ring gelang.

Bevor er Profiboxer wurde, tingelte er mit seinem Vater als teutonisches Catcher-Duo aus dem Reich des Bösen durch Amerika. Geschäftsmänner mit Reichsadler auf der Seidenjacke und Monokel im Auge, die ihre Show machten und sich von patriotischen Amis auf die Matte legen ließen. Nachdem ihm, wie die Legende sagt, eine seiner Frauen den Boxkurs bezahlte, wurde der sich zu höherem berufen fühlende Norbert Grupe Schwergewichtsboxer. Das Profiboxen, schon immer eine windige Angelegenheit, machte ihn jedoch nur bedingt glücklich. Gleich zu Beginn seiner Karriere verlor er einen scheinbar überlegen geführten Kampf, weil die Ringrichter einen anderen Bezug zur Wirklichkeit im Boxring hatten.
Gleichwohl ersann er die Prinzen- Masche, die ihn als boxendes Wundertier interessant machte, ihn eine Weile in der Welt des Profiboxens mitkassieren ließ.

Nebenbei schrieb er 1969 ein kleines Stück Fernsehgeschichte, als er nach einer Kampfniederlage als Gast des ZDF-Sportstudios dem seines Erachtens nach dreisten Moderator ein ausführliches Interview gab, indem er nichts sagte.
"Ich bin der Größte, wenn ich unter Strom stehe.", ward Norbert Grupes, alias Wilhelm von Homburg, Kommentar zu seinem Schaffen 1969. Andauernd mit einem Bein im Knast, manchmal auch mit beiden, lebte er ab Mitte der 70er Jahre in Hamburg, ein sturer Bock, ein harte Junge, eine einsame, arme Sau, das zeigt der Dokumentarfilm Gerd Kroskes auf beeindruckende Weise. Eindrucksvoll deshalb, weil ihm gelingt, was einen guten Dokfilm ausmacht.

Mit unaufdringlicher Kamera und wenig Fragerei öffnet er uns, den Zuschauern, ein kleines Fenster. Dahinter zu sehen ein Stück Leben des Erdenbürgers, der Kunst- und Kiezfigur Norbert Grupe. Als es mit dem Boxen nicht mehr lief, lebte Grupe im und mit dem "Milieu". Die "Hells Angel" gingen mit ihm bechern und balgen, diverse Bar&Bordellbesitzer legten Wert auf sein Zugegensein. Auch die deutsche Filmwelt entdeckte ihn, er bekam einige kleine und mittelgroße Rollen, u.a. im Film "Stroszek" Werner Herzogs, wo sich der "Prinz" selbst spielt und eine beklemmende Aufführung abliefert.

"Der Mann ist Dynamit", meinte Wolf Wondratschek über den "Prinz": "eine Seifenblase unter Starkstrom. Es wird bunt, wo er auftaucht. Auch wenn er abgeschminkt auftritt."

Mehr als 2 Jahre arbeitete Kroske an seinem Film, folgte Fährten nach Hamburg und Amerika, traf letztendlich in Kalifornien den "Prinzen", wo er seit Mitte der 80er Jahre seinen Film-Geschäften nachgeht. Kroskes Kino hat Aura und Tiefe. Der Film ist ein Ereignis, das den Rezensenten so in Zauber zog, dass die 100 Minuten Spieldauer ihm nur 10 gewesen schienen.

Nix wie ins Kino!