Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Februar 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Chihiros Reise ins Zauberland
(Sen to Chihiro no kamikakushi)

Japan 2001

Spirited Away (Sen to Chihiro no kamikakushi)

Buch
und Regie:
Hayao Miyazaki

Schnitt:
Takeshi Seyama

Tonregie:
Kazuhiro Hayashi

Musik:
Joe Hisaishi

Sprecher:
Rumi Hiiragi (Chihiro), Miyu Irino (Haku), Mari Natsuki (Yubaba/Zeniba)

Weitere Informationen:
www.berlinale.de



Berlinale-Wettbewerbsbeitrag:

Chihiros Reise ins Zauberland
Sen to Chihiro no kamikakushi



Vier Jahre hat es gedauert, bis "Mononoke hime", der letzte Film des japanischen Animationsmeisters, in die deutschen Kinos gekommen ist. Sein neuer Film ist noch beeindruckender, und man kann nur hoffen, daß der Einsatz im Wettbewerb der Berlinale (was meines Wissens nur selten bei Animationsfilmen passiert) dazu beitragen wird, daß die deutschen Anime-Freunde diesmal nicht solange warten müssen.

Die zehnjährige Chihiro ist gerade mit ihren Eltern umgezogen. Der Vater, stolz auf seinen Audi mit Vierradantrieb, will eine Abkürzung durch den Wald nehmen, doch schnell steht fest, daß die Möbelpacker wohl schon ohne den Hausherren mit dem Umzug beginnen müssen, denn statt vor dem neuen Heim landet man vor einem seltsamen Tunnel im Wald. Gegen den Wunsch der verängstigten Tochter inspizieren die Eltern den Tunnel und schließlich geht auch Chihiro mit, um nicht allein im Wald warten zu müssen.

Der Tunnel ist wie bei Lewis Carroll der Hasenbau oder Spiegel der Eingang zu einer anderen Welt, und wer sich in Märchen auskennt, weiß, daß man nicht ungefragt von fremden Tischen naschen sollte.

Selten blieb mir bei einem Film so lange und durchgehend der Mund offen stehen, und deshalb will ich auch nicht zuviel verraten. Chihiro landet in einer Welt voller obskurer Wesen. Riesenbabies, Mischungen aus Harpien und der Baba Yaga, Phantome ohne Gesichter, ein Badehaus für Gottheiten, hart arbeitende Spinnenwesen und ihr vierarmiger Vorarbeiter, Flußdrachen und sprechende Frösche leben in dieser Zwischenwelt, und wenn Chihiro überleben oder gar mit ihren Eltern entkommen will, muß sie sich schnell an die hier geltenden Regeln gewöhnen.

Der nicht einzudämmende Einfallsreichtum des Films wird wohl auch dazu geführt haben, daß "Sen to Chihiro no kamikakushi" in Japan der Kassenschlager der Saison war, und selbst jemand, der wie ich eine gesunde Skepsis gegenüber der japanischen Animationsindustrie hat, wird von dem Film verzaubert. Die Story hält einen Im Bann, die Charaktere sind liebenswert oder auch mal furchteinflößend, man gelangt selbst in eine andere Welt. Und wenn man sich auf die Regeln dieser Welt erst einmal eingelassen hat, will man vielleicht gar nicht mehr zurück.

Ich hoffe inständig, daß der Film möglichst bald seinen regulären Kinostart erlebt, denn ich will ihn unbedingt noch mal sehen.