Gosford Park GB/USA 2001
Regie: Robert Altman
Buch: Julian Fellows (nach einer Idee von Robert Altman und Bob Balaban)
Kamera: Andrew Dunn
Darsteller: Kelly Macdonald, Maggie Smith, Emily Watson, Michael Gambon, Kristin Scott Thomas, Jeremy Northam u. a.
Weitere Informationen: www.berlinale.de german.imdb.com gosfordparkmovie.com
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Berlinale-Erlebnisbericht:
"Ich habe noch viele Pläne. Hoffentlich war das nicht mein ganzes Lebenswerk"
"Gosford Park und die Willkür der Dekadenz" von Robert Altman
Ein bewegter Abend im Berlinale-Palast am Marlene-Dietrich-Platz. Während die Besucher und Darsteller des deutschen Wettbewerbfilms "Der Felsen" das Gebäude gar nicht mehr verlassen wollten, warten die Altman-Fans lange auf den Einlass. Schließlich gab es einen Goldenen Bären für das Lebenswerk von Robert Altman.
Der deutsche Kameramann Michael Ballhaus hielt die Laudatio auf Robert Altman. Der Regisseur aus Kansas City ist nun bald 77 Jahre alt, doch ans Aufhören denkt Altman beileibe nicht. So will er seinen mehr als 74 Filmen wie "M.A.S.H.", "Nashville", "Short Cuts", "Cookies Fortune" oder etwa "Prêt-à-Porter" noch einige Werke folgen lassen.
Ein höflicher Michael Ballhaus wurde vom aufgeregten Festival-Leiter Kosslick abgelöst. Kosslick überreichte mit markigen Sprüchen dem "lieben Bob" seinen zweiten Bären. Altman, der bereits 1976 für "Buffalo Bill" mit einen Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, ließ die Prozedur gelassen über sich ergehen.
Dann wurde "Gosford Park" dem Publikum präsentiert. 134 Minuten mit Emily Watson, Kristin Scott Thomas, Michael Gambon, James Wilby und einem brillanten Stephan Fry.
Im November 1932 laden Sir William (Michael Gambon) und seine Gattin Lady Silvia (Kristin Scott Thomas) zur Jagd auf ihren feudalen Landsitz. Während sich die geladenen Gäste nach allen Regeln der Dekadenz verwöhnen lassen, steigen ihre Diener und Zofen in der Unterwelt des Landhauses ab. Da es in diesem Haus noch nach den "alten Regeln" geht, werden die Bediensten mit den Namen ihrer Herrschaften angesprochen.
Altman beschreibt diesen Schnitt durch die englische Gesellschaft mit sicherem Gespür für schmerzhafte Banalitäten und feinem Humor. Der Film hat mehr als 25 miteinander verwobene Handlungsstränge.
Unter den Gästen brechen ebenso Spannungen und Zukunftsängste aus, wie es neidvolle und unklare Situationen zwischen den Bediensteten gibt. Sir William, der Dreh- und Angelpunkt all dieser Geschichten, wird schließlich tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Der herbeigerufene Inspektor, gespielt von einem witzigen und abwesenden Stephan Fry, muss schnell erkennen, dass jeder der Anwesenden gute Gründe hatte, Sir William nach dem Leben zu trachten.
So tritt die Aufklärung des Mordes auch in den Hintergrund. Vielmehr löst sich die Gesellschaft mit ihren Bediensten wieder auf und verschwindet in alle Himmelsrichtungen.
Robert Altman lässt diesen Film im Jahre 1932 spielen. Im gleichen Jahr hat George Orwell sein Buch "Erledigt in Paris und London" veröffentlicht. Orwell beschreibt darin das Leben der Hotelbediensten in Paris und das Elend der Landstreicher in England. Altman gelingt es, diese gnadenlose Aufteilung zwischen oben und unten aufzunehmen. Wüsste man nicht, dass dieser Film 1932 spielt, so würde man diese Dekadenz doch eher um die Jahrhundertwende vermuten.
Der Film ist ein Werk eines großen Episodenerzählers, der es immer wieder schafft, die Willkür der Dekadenz aufzuzeigen.
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