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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Februar 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Halbe Treppe
D 2001

Andreas Dresen: Halbe Treppe

Buch
und Regie:
Andreas Dresen

Dramaturgie:
Cooky Ziesche

Kamera:
Michael Hammon

Schnitt:
Jörg Hauschild

Musik:
17 Hippies

Darsteller:
Steffi Kühnert (Ellen), Gabriele Maria Schmeide (Katrin), Thorsten Merten (Christian), Axel Prahl (Uwe), Julia Ziesche (Julia), Jens Graßmehl (Jens), Mascha Rommel (Mascha), Gregor Ziesche (Gregor), Christine Schorn (Frau in der Parfümerie), Ralf Schönknecht (Schöni), Knut Elstermann (Knut), Hans-Peter (Hans-Peter)

Weitere Informationen:
www.berlinale.de



Berlinale-Wettbewerb:

Halbe Treppe



Frankfurt/Oder: Die Ehepaare Düring und Kukowski sind befreundet. Aber schon ein gemeinsamer Dia-Abend zeigt, daß es hier und dort kriselt. Warum zeigt Uwe ausgerechnet das Bild, auf dem man Ellen ansehen kann, wie sturzbesoffen sie ist? Warum muß Chris in angetrunkenem Zustand unbedingt darauf bestehen, selbst zu fahren?

Auch oder gerade im Alltagsleben zeigen sich immer mehr Probleme bei den Paaren. Entflogene Wellensittiche und Eisbeine in der Badewanne sorgen ebenso für Streitereien wie die Tochter aus erster Ehe, die mal unangekündigt mit "Jens" übernachtet. In dieser Situation führen kleine Momente, ein vergessenes Handy oder ein Besuch im Radio-Studio, dazu, daß Chris und Ellen sich zunächst im Auto, später in einem polnischen Hotel besser kennenlernen. Als Katrin jedoch einmal früher von der Arbeit zurückkommt und die beiden in der Badewanne erwischt, ist das Chaos perfekt. Statt vier ziemlich unglücklicher Personen haben wir nun zwei frisch verliebte und zwei Betrogene. Die Karten werden neu gemischt.

Der Abspann des Films proklamiert: "Ein Film von …" und nennt dann die vier Hauptdarsteller. Und "Halbe Treppe" profitiert davon, daß sich die Story größtenteils aus Improvisationen der Schauspieler ergab, die der Regisseur und seine Dramaturgin dann nur ein wenig in die richtige Richtung geführt haben. Running Gags wie das Auftreten von Musikern oder die Horoskope, die Moderator Chris über den Äther schickt, verhelfen dem Film zu einer Geschlossenheit, die die meisten ausformulierten Drehbücher allenfalls auf Kosten der Authentizität erreichen. Eine zusätzliche gelungene Idee sind die eingeschobenen, zum Teil direkt in die Spielhandlung integrierten Interviews mit den vier Protagonisten, aber auch mit einem Möbelverkäufer, einer Aerobic-Lehrerin und einem Zahnarzt (The things we do for love), die den semidokumentarischen Stil noch unterstreichen.

Auch die Kamera von Michael Hammon, sozusagen der fünfte Mann zwischen den zwei Paaren ist noch zu erwähnen. Wie er mit Reißschwenks und langsamen Detailfahrten flexibel auf die zum Teil ungeprobten Szenen reagierte, ist bemerkenswert.

Ein verdammt witziger Film mit alltäglichen, aber ernstzunehmenden Problemen, durchaus in einem Atemzug mit Filmen wie "Tilsammans" und "Italiensk for Begyndere" zu nennen