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Februar 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Montag morgen
Lundi Matin

Frankreich/Italien 2001

Montag morgen (Lundi Matin)

Buch
und Regie:
Otar Iosseliani

Kamera:
William Lubtchansky

Schnitt:
Otar Iosseliani

Musik:
Nicolas Zourabichvili

Darsteller:
Jacques Bidu (Vincent), Arrigo Mozzo (Carlo), Anne Kravz-Tarnavsky (Joséphine), Narda Blanchet (Vincents Mutter), Dato Tarielashvili-Iosseliani (Nicolas), Otar Iosseliani (Enzo di Martini)

Weitere Informationen:
www.berlinale.de



Berlinale-Wettbewerb:

Montag morgen
Lundi Matin



Bereits Otar Iosselianis letzter Film, "Adieu, plancher de vaches" (mehr kenne ich nicht von ihm) erzählte seine Geschichte eigentlich nur in Bildern. Die wenigen Dialoge, die es gab, trugen kaum zur Handlung bei, und so ist es auch hier. Doch während in "Marabus" eine interessante Geschichte erzählt wurde, die mich gefangen nahm, hatte ich hier eher den Eindruck, der Film bewege sich nicht von der Stelle.

Der Fabrikarbeiter Vincent ist angeödet vom täglichen Trott. Frühmorgens am Montag klingelt der Wecker, er muß zur Chemiefabrik pendelt und wird dort auch größtenteils nur daraufhin überprüft, ob er nicht heimlich raucht. Wenn er dann nach Hause zurückkehrt und relaxen will, kann auch seine familie ihm nichts mehr bietet, sondern fordert im Gegenteil auch noch den letzten Rest von ihm. Schließlich reißt Vincent aus und erlebt statt des französischen Provinznestes einen Sonntag in Venedig. Sein Kumpan Carlo, den er dort kennenlernt, zeigt ihm einige Sehenswürdigkeiten (die er wahrscheinlich auch Zuhause hätte sehen können, wenn er nur geschaut hätte), doch als er Carlo am Montag zur Arbeit begleitet, muß er feststellen, daß dessen Leben seinem bis ins Detail gleicht. Nur das "Rauchen verboten"-Schild vor der Fabrik ist in Italienisch.

Natürlich erzählt "Lundi matin" noch mehr Geschichten, und Vincents Reise ist auch noch nicht zuende, aber selbst jene Bilder des Films, die einen beeindrucken, das Erstellen eines Heiligenbildes oder der Weg vom Bus zur Fabrik, erwecken nicht den Eindruck, als habe Otar Iosseliani diesen Film bis zuende durchdacht. Würde man es hier nicht mit einem betagten Altmeister zu tun haben, sondern mit einem Regie-Anfänger, wäre man wahrscheinlich erstaunt über die dargebotenen Klischees (Hochzeit, Nonnen) und den pubertären Humor.

Exemplarisch für den ganzen Film steht de Szene, in der Iosseliani selbst auftaucht: Mithilfe seines Butlers macht er seinem Besucher Vincent vor, daß er immer noch ein begnadeter Pianist ist, vor dessen Fenster (in Venedig, wohlgemerkt!) seine Verehrer lauern und ihm vehement applaudieren. Alles von Band, der knauserige Alte schenkt nicht mal das Whiskyglas ordentlich voll. Nicht jeder findet diese Szene gelungen, aber vielleicht fehlt mir auch noch die Lebensweisheit, die andere Leute bewog, Iosseliani ausgerechnet für dieses Werk in Berlin mit gleich zwei Regiepreisen zu überhäufen.