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April 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Ice Age
USA 2002

Ice Age

Regie:
Chris Wedge

Co-Regie:
Carlos Saldanha

Buch:
Michael Berg, Michael J. Wilson & Peter Ackerman

Schnitt:
John Carnochan

Musik:
David Newman

Sprecher (im Original):
Ray Romano (Manfred), John Leguizamo (Sid), Denis Leary (Diego), Goran Visnjic (Säbelzahntiger Soto), Jack Black (Zeke), Chris Wedge (Scrat, das seltsame Hörnchen)



ICE AGE


Seit zirka einem halben Jahr wird einem der Mund wässerig gemacht mit dem Trailer zu diesem Animationsfilm, der ausnahmsweise weder von Disney noch von Dreamworks stammt, sondern von einer Unterabteilung von 20th Century Fox um Don Bluth, die auch hinter »Anastasia« und »Titan A.E.« stehen. Im Trailer wird man Zeuge, wie »Scrat«, eine seltsame Mischung aus Ratte und Eichhörnchen, versucht, eine Eichel zu vergraben, und damit zwei Gletscher zum Einsturz bringt.

Ähnlich wie dieser Trailer funktioniert auch der ganze Film: Kleine Episoden, im Geist der Warner Bros-Cartoons (Natürlich muß man schon bei Scrat an »Much Ado about Nutting« von Chuck Jones denken), jede Menge Action und skurriler Humor. Ice Age

Die Grundidee der Story scheint dem alten John-Wayne-Film »Three Godfathers« entlehnt: Drei Männer und ein Baby in der Wüste, nur, daß es eine Eiswüste ist und man statt dreier Männer ein grießgrämiges Mammut, ein nerviges Faultier und einen nicht sehr vertrauenswürdigen Säbelzahntiger hat. Das Baby, das just bei einer Attacke von Säbelzahntigern auf ein irgendwie indianisch anmutendes Dorf überlebte, soll wie bei »The Jungle Book« wieder zu den Menschen gebracht werden, doch die Hidden Agenda des Fleischfressers, der nicht nur den Windelscheißer, sondern auch das gutgenährte Mammut in die Fänge seiner zähnefletschenden Kumpane treiben soll, sorgt dafür, daß die Reise eine lange und aufregende wird.

Wenn ich im vorletzen Absatz beschrieb, wie »Ice Age« funktioniert, implizierte dies bereits, daß einiges auch nicht funktioniert. Beispielsweise die um die netten Episoden herumdrapierte Story, die zu allem Übel auch noch charakterliche Veränderungen in den Hauptfiguren psychologisch zu untermauern versucht, wo sich der Film lieber auf seine Stärken hätte konzentrieren sollen. Dazu zählt sicher nicht die Animation, wie man schon bei dem eingangs beschriebenen Trailer sehen konnte. Eine Lawine ist mehr als die Summe ihrer Einzelteile, Bewegungen sollten sich nicht über Einzelbilder definieren, und insbesondere die Menschen bewegen sich in etwa so wie schlurfende bekiffte Zombies, was man schon bei »Toy Story«, dem Klassiker des computeranimierten Langfilms sehr viel besser sehen konnte.

Nichtsdestotrotz, wer sich nicht um die Story schert, und gnädig über die glücklicherweise sehr rar gestreuten ruhigeren Momente des Films hinwegsieht, wird gut unterhalten.

Zwei Kommentare noch:

  1. Mein Bekannter Jürgen störte sich bei »Shrek« unter anderem über die Darstellung der angeschwult französischen Mannen um Robin Hood, die dort der Geschichte nicht wirklich neue Impulse geben. Hier gibt es eine ähnliche Gruppe, die letzte Gruppe von Dodos, die versucht, drei Melonen zu sichern, was zu einer sportlichen Einlage mit einigen Fouls und Ausscheidungen führt (»Oops --- There goes our last female«). Besonders interessant in diesem Zusammenhang, daß man auch hier versucht, die Kampfsport-Ästhetik von Filmen wie »The Matrix« nachzuahmen, was dann abermals zu nahezu stehenden Bildern führt. Doch was im Realfilm ein interessanter Effekt, ist im Animationsfilm nur ein überflüssiger Verweis auf die Machart: Wenn sich Bilder nicht bewegen, ist das nichts besonderes.
  2. Natürlich werde ich auch hier noch mal versuchen »Monsters, Inc.« zu puschen. Seltsamerweise ist »Ice Age« in Deutschland ab 0 Jahren freigegeben, der Monsterfilm aber erst ab 6 (auch wenn meine vierjährige Nichte selbstbewußt verkündet, daß sie in jeden Film reinkommt). Monster sind natürlich ebenso wie Säbelzahntiger nur eingeschränkt für Kinder geeignet, doch die Monster sind bis auf eine Ausnahme allesamt freundlich gesinnt und es wird den Kindern ja sogar zu erklären versucht, warum die Monster die Kinder erschrecken müssen. Und wenn an einer Stelle »Boo« wirklich erschreckt wird, zeugt das eigentlich nur davon, daß der Film das Thema adäquat anpackt. »Ice Age« hingegen macht es sich einfach: Hier wird zwar nicht wenig gestorben, und das auf vielfältige Weise (Durchsiebt von Eiszapfen, gekocht von einem Geysir, Sturz aus großer Höhe, Ertrinken), aber man zeigt den Tod nicht, und dadurch, daß etwa »Scrat« als Vorfahr von Wile E. Coyote nicht totzukriegen ist, wird das Thema Tod entthematisiert. Dennoch werde ich mit meiner Nichte lieber »Monsters, Inc.« schauen.