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September 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Unser täglich Brot
DDR 1949

Slatan Dudow: Unser täglich Brot

Buch
und Regie:
Slatan Dudow

Kamera:
Robert Baberske

Musik:
Hanns Eisler

Darsteller:
Paul Bildt, Viktoria von Ballasko, Inge Landgut, Harry Hindemith, Paul Edwin Roth


Unser täglich Brot


Berlin 1946, Alltagsschilderung in einer Großfamilie mit diversen Stiefkindern, Cousinen und sogar Zwillingen. Zum Frühstück kommen sie aus ihren Zimmern und schauen erstmal im Brotkasten in der Küche, ob Niki, die als Zeitungsverkäuferin arbeitet, bereits Brot mitgebracht hat. Das Brot wird immer knapper, und der Vater entzweit sich mit einem seiner Söhne, der zumeist unentgeltlich in der alten Fabrik arbeitet, wo Vattern als Kassenwart Tausende von Märkern umherschiffte. Um die Ruine wieder aufzubauen, müssen die Arbeiter halt mit anpacken, doch dem Vater ist der Sozialismus zutiefst suspekt, ohne Geld kann das ja nichts werden …



Unser täglich Brot

Unser täglich Brot

Im Verlauf des Films verläuft sich auch die Familie, die Spreu trennt sich vom Weizen. Während immer mehr mit hungrigen Mägen und Hoffnung für den volkseigenen Betrieb eintreten, wendet sich der Vater ab, sein Lieblingssohn hält sich auf dem Schwarzmarkt über Wasser und Mary geht anschaffen.

Trotz der allzu einfach gestrickten Moral des Films, die in einem nächtens gestohlenen Laib Brot kulminiert, überzeugen die Atmosphäre, die detaillierte Beobachtungsgabe und die stimmigen Charaktere. Regisseur Dudow, vor allem bekannt durch "Kuhle Wampe" liefert mehr als nur ein Stück Propaganda, sondern einen gerade heute, kurz vor der Wahl, nachdenklich stimmenden Blick auf die Fallstricke des Kapitalismus, der seine Kinder (oder auch die Eltern) frisst.

Nach dem Kino aß ich noch einen Döner beim Türken um die Ecke. Vor kurzem gab es noch zwei Dönerbuden, doch ich frequentierte nur selten den kleinen Schuppen mit dem uralten Hutzelweibchen, schon, weil der neu renovierte Laden bei Einführung des Euro zunächst mehrere Monate den Döner für 1,50 anbot. Die alte Dame versuchte damit auch mal mitzuhalten, doch inzwischen ist ihr Laden geschlossen. Und ich staunte nicht schlecht, als mein Döner plötzlich nicht mehr 2 Euro, sondern 2,20 kostete. So funktioniert der Kapitalismus! Aber vor 15 Jahren auf der anderen Seite der Mauer hätte ich wahrscheinlich auch vergeblich nach einem VEB Dönershop gesucht …