Der Titel und das allgemeine Vorwissen, daß die von Clint Eastwood dargestellte Figur im Zuge ihrer Ermittlungen einen Herzanfall erleidet, haben mich vielleicht auch ein wenig beeinflußt, aber bereits die ersten Einstellungen dieses Films, nächtliche Flugaufnahmen eines Tatorts und das im Dunkel kaum auszumachende Fahrzeug des FBI-Profilers McCaleb erweckten in mir Assoziationen an ein Blutgerinsel, das von einem Blutkörperchen, also der Gesundheitspolizei (unterwegs auf einer Verkehrsader, vulgo Straße) bereinigt werden soll.
Der Film gibt oft Anlaß zu solchen Gedankenspielchen, Eastwoods Griff zu seiner Operationsnarbe, Handlungsfäden, bei denen es um den Valentinstag oder Blutspenden geht … der Titel ist schon gut gewählt, auch, wenn er vielleicht nicht die Massen ins Kino ziehen wird (ich war regelrecht schockiert, daß der Film in Berlin nur mit drei Kopien anlief …).
Abermals kokettiert Eastwood, der wahrscheinlich dienstälteste Actionheld, mit seinem Gesundheitszustand. Schon als Bodyguard "In the Line of Fire" hatte er Konditionsschwierigkeiten, bei "Space Cowboys" hätte ihn selbst Homer Simpson fitnessmäßig ausbooten können, und hier ist er nach einem kurzen Dauerlauf gleich pensioniert und für zwei Jahre außer Gefecht.
Ähnlich wie bei "Absolute Power", wo der Trailer dem Publikum bereits vieles verriet, ist es bei "Blood Work" ein Spruch auf dem Filmplakat, der nicht wirklich Verkaufsqualitäten zeigt, aber doch einige Wendungen des Films allzufrüh herausplaudert. Diesen Fehler will ich nicht begehen, denn man kann auch sein Urteil über diesen Film fällen und begründen ohne eine komplette Inhaltsangabe.
Wer Eastwood als Darsteller mag, und insbesondere seine Filme in den letzten fünf bis zehn Jahren, wird auch hier gut unterhalten. Ein solider Thriller mit zwei ausgeprägten Themenkomplexen und einem Drehbuch, daß dem Zuschauer einerseits das Gefühl gibt, der Handlung einige Schritte voraus zu sein, ihm aber auch geschickt einige Köder hinwirft, der man als Kenner des amerikanischen Mainstream allzu schnell schluckt, nur um später festzustellen, daß Brian Helgeland ("L.A. Confidential") sich doch mehr Mühe gemacht hat, als man zunächst dachte.
Nun also doch zum Abschluß einen SPOILER für jene Leser, die den Film schon kennen: Jetzt mal ehrlich, ich dachte lange Zeit, McCalebs guter Buddy sei ein eher wenig überzeugender Kniff des Scripts, dem Ermittler eine Möglichkeit zu geben, seine Gedanken bei der Aufklärung zu artikulieren. Und dadurch, daß Jeff Daniels, der seinerzeit mal in Filmen wie "Something Wild" großes Potential zeigte, in letzter Zeit "Dumb and Dumber" erscheint, verschwendete ich nicht wirklich viel Zeit darauf, ihn zu verdächtigen … Okay, als er sich dann später als durchgeknallter Psychopath zeigte, überzeugte er mich rein schauspielerisch nicht mehr, aber wer kann schon einen solchen Psychopath überzeugend darstellen? All die Donald Sutherlands, Gary Oldmans und Anthony Hopkinses dieser Welt mögen einer solchen Figur vielleicht atemberaubende Momente einhauchen, aber der Psychopath von nebenan ist vielleicht tatsächlich so ein "Bootspenner" wie Buddy, und dadurch wird auch einer der wenigen Schwachpunkte des Films zu einer Stärke. ENDE DES SPOILER-ALERTS!
Die US-Flagge in der letzten Einstellung hingegen war wirklich nicht nötig in einem Film, der sich größtenteils bemüht, diverse Minderheiten nicht nur politisch korrekt, sondern ohne moralischen Zeigefinger darzustellen. Aber auch, wenn man solchen Patriotismus nicht mag und Selbstjustiz á la "Dirty Harry" erst recht nicht, der uneingeschränkte Höhepunkt des Films war doch die Stelle, wo McCaleb seine Pumpgun aus dem Kofferraum holt und erstmal das ganze Valley zusammenschießt. Man mag zu Eastwood stehen, wie man will, aber er weiß, was sein Publikum sehen will, und dazu gehören neben seinem nackten Oberkörper und den kernigen Sprüchen eben neben aller Verletzlichkeit eines alten Mannes das Durchschlagsvermögen einer Magnum (jaja, kommt im Film nicht vor …), selbst, wenn nur ein Zeitungsstapel dran glauben muß.