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Dezember 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

19
Japan 2001

19

Buch
und Regie:
Kazushi Watanabe

Kamera:
Masakazu Oka

Schnitt:
Yoshio Sugano, Kazushi Watanabe

Musik:
Knockers Records, Octabeer

Darsteller:
Daijiro Kawaoka (Usami), Kazushi Watanabe (Yokohama), Takeo Noro (Chiba), Ryo Shinmyo (Kober), Masahi Endo (Happy), Nachi Nozawa (Polizist)

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Auf die Frage hin, ob Watanabe von Jim Jarmusch inspiriert sei, antwortete er im Gespräch, daß er dessen Filme erst nach Fertigstellung von “19” zu Gesicht bekam und er bei “Dead Man” eingeschlafen sei. Ich vermag in dieser Aussage nur Koketterie und Ironie erkennen, denn “19” könnte kaum näher an den frühen Stadtbeschreibungen Jarmuschs sein, einige Kamerabewegung scheinen direkt übernommen, nur das grobkörnige Filmmaterial beschwört eine etwas andere Atmosphäre, doch spätestens bei den verzerrten Klängen aus E-Gitarren muß man sich einfach an Neil Youngs Soundtrack zu “Dead Man” erinnert fühlen. Und wenn dann auch noch einer der Darsteller auf seinem T-Shirt “Better burn out than fade away” stehen hat, passt doch alles zusammen, oder?

Doch ebenso wie sein Regisseur, Autor, Co-Cutter und Hauptdarsteller wirft auch “19” lieber Fragen auf als welche zu beantworten. Wie nebenbei sehen wir eine Entführung, die drei schweren Jungs, die den Studenten (der eh nichts besseres zu tun gehabt hätte) “mit auf eine Tour” nehmen, wirken abwechselnd bedrohlich und wie gute Kumpel. Am Strand gabelt man dann noch jemanden auf, und man erfährt nicht wirklich den Sinn der Psychospiele, die Watanabe inszeniert. Ist einer der drei auch nur ein früheres Opfer? Warum reagiert der Polizist nicht auf die Situation? Wieviel ist Wahn, wieviel Wirklichkeit?

“19” wirkt einerseits sehr japanisch in seiner Mischung aus Bedrohlichkeit und naivem Humor, doch andererseits achtete der Regisseur etwa darauf, daß kaum japanische Schriftzeichen im Film zu sehen sind. Die Welt von “19” ist eine der amerikanischen Einflüsse, die Figuren sind gleichzeitig die Slacker aus den Filmen von Kevin Smith und die supercoolen Gangster aus den Filmen von Quentin Tarantino. Ebenso wie diese vermeintlichen Einflüsse mag auch das zur Schau gestellte Markenbewußtsein und die Sammlerleidenschaft der “Baby Boomer”-Generation in Japan mittlerweile nicht mehr als Fremdeinfluß zu erkennen sein, dem europäischen Betrachter fällt es schwer, diese Parallelen zu übersehen, unabhängig davon, wie der Regisseur seinen Film und dessen Entstehungsgeschichte darstellt.

Doch am wichtigsten ist, daß “19” größtenteils genauso faszinierend ist wie die Vorbilder, von denen der Regisseur vielleicht wirklich nie etwas gehört hat. Und das spricht für den Film, denn wer etwa die bundesdeutschen Bemühungen miterleben mußte, in Filmen wie “Knockin’ on Heaven’s Door” oder “Der Eisbär” auch nur einen Hauch von der Coolness Tarantinos zu erhaschen, wird Watanabe vielleicht sogar als Erneuerer preisen, selbst, wenn alles schon mal ähnlich dagewesen ist.