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Ardor
Mil-ae
Alles scheint in der jungen Ehe von Mi-heun perfekt zu sein, bis am 24. Dezember eine in Rot gekleidete Frau zu Besuch kommt, die mit Mi-heuns Mann, ihrem heimlichen Liebhaber, die Nacht verbringen will. Es liegt nicht nur an einem Schlag mit einer Tasche, daß Mi-heun fortan Kopfschmerzen hat, weil sie den Vertrauensbruch ihres Mannes nicht verkraftet. Die Familie zieht aber um, und tut so, als sei nichts geschehen. Mi-heuns Mann kauft einen teuren Wagen, der zumindest die Tochter begeistert, und will hinter dem Haus einen Fischteich ausheben.
Währenddessen macht Mi-heun die Bekanntschaft des ziemlich durchtriebenen Arztes In-kyu, der zwar auch verheiratet ist, aber ein seltsames und gefährliches Spiel treibt: Er bietet Mi-heun eine Affäre an, die in dem Augenblick beendet sein soll, wenn einer von ihnen zum anderen "Ich liebe Dich" sagt. Mi-heun sträubt sich zunächst, verfällt dem jungen Arzt dann aber mit Leib und Seele, und vieles deutet daraufhin, daß sie diesmal die Frau sein könnte, die zu Weihnachten versucht,für ihre Liebe eine Familie zu zerstören … aber ganz so vorhersehbar ist die Geschichte nicht!
Regisseurin Byun Young-joo hatte sich in den 90ern mit Dokumentarfilmen, die die Situation der Frau untersuchten, einen Namen gemacht. Bei ihrem ersten Spielfilm griff sie auf einen vor allem bei Hausfrauen beliebten Bestseller zurück, dessen Titel etwa "Der eine besondere Tag in meinem Leben, der alles veränderte" heißt. Daraus wurde "Mil-ae", etwa "Heimliche Liebe", ein Vorschlag eines der Produzenten. Doch weniger die Heimlichkeit dieser Liebe ist das Hauptthema des Films, sondern die Wiederentdeckung der Weiblichkeit Mi-heuns. War sie als Hausfrau und Mutter noch vollauf zufrieden mit ihrem Leben, ändert sich durch die Untreue ihres Mannes alles. Ähnlich wie in "Der alte Affe Angst" kann dieser Vertrauensbruch nicht wieder gekittet werden, doch durch das unmoralische Angebot des Arztes entfacht sich in ihr wieder das Feuer der Leidenschaft bis hin zur Irrationalität, wie man es zuvor bei der verhassten Weihnachts-Besuchererin erleben konnte.
Die sehr intensiven und persönlichen Liebesszenen, die sich aber keineswegs zum Fleischbeschau entarten, scheinen auch deshalb so gelungen, weil weder die Regisseurin noch die Schauspieler ähnliches jemals darstellten. In Hollywood gehören Sex-Szenen zum Repertoire einer jeden jungen Darstellerin, und vielleicht werden dadurch die Bilder bald austauschbar und von einer verlogenen Werbe-Ästhetik durchzogen. Bei "Mil-ae" ist jede zitternde Berührung eine nachvollziehbare Erfahrung, und das Bild der Sexualität, die dieser Film verbreitet, kehrt sich wohltuend ab von "Der alte Affe Angst", den ich am Valentinstag genau davor sah, der aber aus Sex eben den "internationalisierten" deutschen Begriff "Angst" macht, während "Ardor", also Glut, Hitze, Leidenschaft zwar eine etwas geschönte, aber viel passendere Beschreibung der körperlichen Liebe abgibt.
Ein Film, von dem Hollywood - und wir alle - noch viel lernen können.