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Das Leben des David Gale
The Life of David Gale
Der texanische Professor David Gale ist ein energischer Gegner der Todesstrafe. Als Vizepräsident bei "Death Watch" tritt er in Rededuelle gegen Gouverneure an oder versucht sonstwie, die sturen Amerikaner davon zu überzeugen, daß kein Staat das Recht hat, Leben zu nehmen.
Als Gale selbst jedoch wegen der Vergewaltigung und dem heimtückischen Mord an seiner "Death Watch"-Kollegin Constance in der Todeszelle landet, trägt dies nicht unbedingt zu seiner Glaubwürdigkeit bei.
Während seiner letzten Woche gibt Gale an drei aufeinanderfolgenden Tagen einer Reporterin Interviews, in denen er seine Sicht der Ereignisse vorträgt. Eine frühere Vergewaltigung war das abgekarterte Spiel einer gekränkten Studentin, dadurch verlor er seinen Job und wurde zum Alkoholiker, und auch die Spermaspuren in der angeblich von ihm vergewaltigten und getöteten Frau haben eine ganz logische Erklärung.
Ist Gale womöglich unschuldig und wird ihn dies vor seiner Strafe bewahren?
Alan Parker erzählt hier nicht einen authentischen Fall nach, wie man meinen könnte, sondern es gelingt ihm ein atemberaubender Thriller mit einem clever ausgeklügelten Drehbuch. Ist Gale Täter oder Opfer, und was sind seine Motive? Hat jemand in einem seiner alten Texte gelesen, wie man einen niederträchtigen Mord durchzieht, oder war er es doch selbst? Und wer ist der mysteriöse Cowboy in dem Pickup-Truck, der sich offenbar für alleinstehende Frauen in nächtlichen Einöden interessiert?
Parker und sein Drehbuchautor Charles Rudolph führen den Zuschauer lange an der Nase herum, geben ihm immer wieder kleine Tips und halten die Spannung bis zur letzten Minute. Und ganz nebenbei beziehen sie noch Stellung zur Todesstrafe und geben Kevin Spacey mal wieder die Möglichkeit zu einer weiteren Glanzleistung. Was aber nicht die Arbeit von Kate Winslet und Laura Linney als Reporterin und Opfer schmälern soll, die Spacey bestens unterstützen.
Doch die schönste Überraschung war es für mich, daß Alan Parker, der in den 80ern mal einer der prätentiösesten Spektakel-Regisseure war ("Angel Heart", "Mississippi Burning"), nun nach einigen ruhigeren britischen Filmen wie "The Commitments" und zuletzt "Angela's Ashes" auch in Amerika einen Film drehen kann, der fast so stringent, nüchtern und kompromißlos ist wie "Midnight Express" (1977), sein zweiter und wahrscheinlich bester Film, der ein sehr ähnliches Sujet (Unverhältnismäßigkeit von vermeintlichem Verbrechen und verhängter Strafe) behandelte. Hier nun macht Parker daraus einen Unterhaltungsfilm, der mehr als nur unterhält.