Panorama
Last Scene
"Last Scene" im Programm des Panorama:
Mittwoch, 12.2., 17.00 Uhr International
Freitag, 14.2., 19.00 Uhr Zoo-Palast
Samstag, 15.2., 20.00 Uhr CinemaxX 7
Man stelle sich vor, Lauren Bacall hätte immer nur zusammen mit Bogart gedreht und jener hätte sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere zurückgezogen und damit gleichzeitig das Ende der Schauspiellaufbahn seiner Dauerpartnerin besiegelt.
Schwer vorstellbar, aber eine bessere Parallele fiel mir nicht ein …
Ken Miharas Partnerin Keiko will heiraten und zieht sich wie Grace Kelly aus dem Showgeschäft zurück. Mihara wird langsam klar, daß ihm vielleicht die letzte Szene seine Schauspielerlaufbahn bevorsteht, und er zieht es vor, sich mit einem Beleuchter zu prügeln, statt die Professionalität, die er bis zu diesem Punkt demonstrierte, weiterzuführen. Nebenbei streitet er sich auch noch mit seiner Frau, die sich ausgerechnet diesen Tag ausgesucht hat, bei einem Verkehrsunfall zu verunglücken. Mihara flüchtet in den Alkoholismus und ist schnell vergessen.
37 Jahre später: Bei der Kino-Version einer TV-Arzt-Serie soll Mihara einen Todkranken spielen. Er will sich nochmal beweisen, daß er es kann. Vielleicht auch für seine Frau, die (ähnlich wie Keiko) ihre Schauspielkarriere aufgab, weil sie an ihren Mann und dessen Talent glaubte. Was würde sie sagen, wenn sie ihn aus dem Jenseits beobachten könnte?
Die Dreharbeiten zu "Dr. Samejima - The Movie" sind eine ziemliche Farce. Der Titeldarsteller ist ein eitler Poser, die viel zu braungebrannte Schwester lässt sich vom technischen Berater eingehendst beraten, der Regisseur dürfte der unfähigste sein, von dem ich je gehört habe. Die Aufnahmen werden entweder vom Klingeln seines Handys unterbrochen oder von seinem gellenden Schrei "CUT!" Von so etwas wie Einfühlungsvermögen hat der Herr noch nie gehört.
Mio hingegen, die Assistentin des Requisiteurs, arbeitet mit einer bewundernswerten Hingabe. Doch was nützt es, wenn sie auf eine Laune des Regisseurs extra eine Sanduhr bastelt, wenn dieser dann doch lieber dem gestrandeten Dr. Samejima eine hochmoderne Armbanduhr zugesteht. Überhaupt kümmert sich der Regisseur nicht um solche Details. Die Flüssigkeit in einem Infusionsbeutel soll vor allem eine Leuchtfarbe haben, ob giftgrün oder violett, ist auch dem Requisiteur ziemlich schnuppe, der mehr daran interessiert ist, die Nacht bei seiner Assistentin zu verbringen.
Auch Mio kann nur soundsolange Perlen vor die Säue schmeißen, und sie entschließt sich, einen anderen Job zu suchen. Da kommt der alte Mihara, schmeißt eine Szene nach der anderen, aber beseelt das alte Studio plötzlich mit einer neuen Professionalität …
Hideo Nakata ist in Japan durch seine "Ring"-Filme (das amerikanische Remake läuft bald auch hier) ziemlich bekannt. Doch statt eines Gruselfilms wie auch der das letzte Panorama eröffnende "Dark Water" haben wir es hier um eine manchmal etwas melancholische Komödie über das Filmemachen zu tun. Nakata spielt mit den verwischenden Grenzen von Film und Wirklichkeit, unzählige Parallelen zwischen zwei Zeitebenen und den darin gedrehten Filmen machen den Film zu einer Spielwiese der Interpretationen. Und ganz nebenbei bringt Nakata doch die Elemente ins Spiel, für die er sonst bekannt ist, selbst wenn es nur ein wenig überzeugender Fötus ist, der im künstlichen Regen und dem nicht immer passend kommenden Blitzlicht vor einem Fenster auftaucht.
Eine typisch japanische Karussellfahrt der Emotionen, doch unter der grellen Oberfläche findet sich eine anrührende Geschichte.