Sonderaufführung
It's all about Love
Der neue Film von Thomas Vinterberg könnte auf den ersten Blick kaum weiter von seinem Dogma-Familienpsycho-Knaller "Festen" entfernt sein. Eine internationale Produktion mit Starbesetzung, die im New York des Jahres 2021 spielt. Vieles in dieser Zeit ist skurril. Der Erdball kühlt ab, plötzlich schneit es im Juli; in Äthiopien verschwinden Menschen, weil die Schwerkraft abnimmt (die "fliegenden Äthiopier"); einmal im Jahr gefrieren für Minuten alle Frischwasservorräte; und eine grassierende Herzkrankheit, die nur bei einsamen und traurigen Menschen zuschlägt, lässt den Anblick eines Toten auf einer Parkbank, in einem Mülleimer oder am Fuß der Rolltreppe zu einem kaum beachteten Vorfall werden, wie es heutzutage vielleicht eine zerschmissene Bierflasche oder Reste eines Mageninhaltes wären.
In dieser seltsamen Welt, wie sie aus einem Wim Wenders-Film stammen könnte, sucht John seine Frau Elena auf, damit diese endlich die Scheidungspapiere unterzeichnet. Elena ist ein Eiskunstlaufstar, der ein ganzes Unternehmen florieren lässt, so sehr wünschen sich die Massen wohl diesen ästhetischen Genuß. Doch Elena hängt noch an John, zwingt ihn indirekt dazu, einen Tag in New York zu bleiben, und dabei kann ihm nicht entgehen, daß etwas mit Elena und der "Ice Corporation" nicht stimmt.
"It's all about Love" ist ein Film, der vieles riskiert. Man kann ihn lieben und in ihm verlorengehen oder zynisch über seine Naivität lachen, ganz nach Gusto. An einer der zentralen Stellen des Films, einem sehr emotionalem Moment, gab es etwa drei bis vier ignorante Besucher in meiner Pressevorführung, die in schallendes Gelächter abdrifteten, weil es jenen Zuschauern wohl nicht gelang, den zu diesem Zeitpunkt arg strapazierten Emotionen des Films auch weiterhin zu folgen.
Vieles im Film ist künstlich, die 50er Jahre-Ausstattung, die Kostüme, der Eiskunstlauf, der Schnee, die Berge etc. Doch all diese Elemente des Films sind sehr bewußt so gewählt worden, denn es soll auch eine völlig überhöhte Geschichte erzählt werden, die eine Zukunftsvisison, wie man sie vielleicht von Wim Wenders erwarten würde, mit dem Glauben an die Liebe, wie er in SF-Filmen wie "The Fifth Element" oder "Blade Runner" propagiert wird, verbindet. Dabei entstehen einige Bilder, die beeindruckend in ihrer Ästhetik sind. Doch dadurch, daß die Geschichte des Films nicht bis ins Detail stringent ist, und Vinterberg eher ein leichtes Kafka-Feeling aufkommen lässt, macht der Film es sarkastischen Kritikern allzu leicht, ihn in der Luft zu zerreißen. Wer jedoch an die Macht der Bilder und an die Macht der Liebe glaubt, wird von diesem Film reich beschenkt.