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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen


 

Februar 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Teknolust
USA/D 2002

Buch
und Regie:
Lynn Hershman Leeson

Kamera:
Hiro Marita

Musik:
Klaus Bedalt

Darsteller:
Tilda Swinton, Jeremy Davies, James Urbaniak, John O'Keefe, Karen Black

Internationale Filmfestspiele Berlin

Forum

Teknolust



Teknolust (R: Lynn Hershman Leeson)Die Biogenetikerin Rosetta Stone (Tilda Swinton) ist eine begeisterte Anhängerin der Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz, Kloning etc., und so erstellt sie kurzerhand und heimlich aus ihrem eigenen Genmaterial am Computer drei Kopien mit den Namen Ruby, Olive und Marinne (allesamt auch von Tilda Swinton dargestellt), die sich entsprechend ihrer Namen gern in drei Primärfarben kleiden. Ruby, der ältesten, wird es auch erlaubt, in die gefährliche Welt "draußen" zu gehen, um männliche Y-Chrosomen zu beschaffen. Inspiriert von Aufreiß-Dialogzeilen aus klassischen Hollywoodfilmen baggert sie in Discos Männer an, um ihre Samen zu rauben. Unglücklicherweise stellt sich dabei eine Krankheit bei ihren Geschlechtspartnern ein, die sich u.a. in einem Strichcode auf der Stirn und einsetzender Unfruchtbarkeit äußert. Während Rosetta von dieser Krankheit erfährt und ziemlich schnell ahnt, was die Ursache sein könnte, entwickelt Ruby gegen den Hausarrest ihrer Schöpferin einen plötzlichen Ehrgeiz beim Spermienraub, und während dann auch ihre zwei Schwestern sich in die böse Außenwelt wagen, wird der Verdacht gegen Rosetta immer größer und Ruby wird mit großangelegter Steckbriefaktion gesucht, während sie ganz nebenbei jene Liebe entdeckt, die nicht nur pragmatischer und körperlicher Art ist. Teknolust (R: Lynn Hershman Leeson)

Regisseurin Lynn Hershman Leeson, ein Professorin für elektronische Kunst, dreht bereits seit 1977 Dokumentarfilme, "Teknolust" ist nach dem ebenfalls mit Tilda Swinton entstandenen "Conceiving Ada" (1997, lief auch im Forum) ihr zweiter Spielfilm, und ihre speziellen Interessen setzen sich stark in der Narration durch. Tilda Swinton, die mit ihrer Darstellung ihre Schauspielkollegen Claire Danes und Nicolas Cage, die ebenfalls auf der Berlinale Mehrfachrollen präsentieren, mit spielerischer Leichtigkeit aussticht, macht insbesondere die im künstlich primärfarbigen Wohnraum der drei Rosetta-Kopien stattfindenden Szenen zu einem visuellen Augenschmaus. Die Tricks sind zwar relativ simpel gehalten (das Budget war trotz Beteiligung des "Kleinen Fernsehspiels" des ZDF eher schmal), aber allein durch die doch sehr unterschiedlichen Charaktere, die Swinton selbstironisch gegeneinander antreten lässt, geht der Zuschauer auf die Artifizialität des Films ein. Mit der von Ruby betreuten Webpage und der unprofessionellen Kreativität des von Jeremy Davies dargestellten Copy-Shop-Angestellten finden sich zwei Geistesverwandte, und der Film kann auch jenseits von Diskussionen über Genmanipulation, Kloning und künstliche Welten durch seinen Unterhaltungswert überzeugen.