Wettbewerb
Ja Schwester, Nein Schwester
Ja Zuster, Nee Zuster
Der niederländische Wettbewerbsbeitrag wurde schon früh von Dieter Kosslick als der wohl herausstechend munterste Film im ansonsten größtenteils traurigen Programm präsentiert, und die besondere Art holländischen Humors lässt selbst die Kaufman-Filme depressiv dastehen.
In den 60er Jahren gab es in Holland eine Fernsehserie, die damals die Strassen lehrfegte, und bei allen über 45jährigen noch heute für melancholische Erinnerungen sorgt. Dummerweise hatte die niederländische TV-Anstalt damals nicht die Angewohnheit, ihre Aufzeichnungen zu archivieren, und so sind die Originale für immer verloren, während aber beispielsweise das Songmaterial von den Fans ins Landesbewußtsein eingeführt wurde, so wie heirzulande jeder das Titellied von "Pippi Langstrumpf" oder "Biene Maja" kennt.
Regisseur Pieter Kramer hatte bereits mit einer Theaterversion versucht, "Ja Zuster, nee Zuster" wiederzubeleben, und das mit großem Erfolg. Nun kann man sich auch außerhalb der Niederlande vom Kultcharakter der Geschichte um ein Erholungsheim überzeugen,
Schwester Klivia führt in einem Stadthaus ein seltsames Heim, über dessen fehlenden Erholungscharakter sich der Nachbar und Vermieter Boordevol immer wieder vergebens vor Gericht beschwert. Boordevol, ein grießgrämiger Giftzwerg, will das Haus selbst übernehmen, weil er sich durch eine ausbeuterische Pflegestation eine schnelle Mark erhofft. Während die junge Jet einen kleptomanischen Verehrer anschleppt, zieht gegenüber ein Friseur ein, der mal ein "guter Freund" Boordevols war. Die Ereignisse überschlagen sich.
Das Haus von Schwester Klivia ist etwa so erholsam wie die "Klimbim-Familie", doch Boordevol ist dermaßen unsympathisch, daß selbst die Immobilienmakler und Vermieter im Kinopublikum auf der Seite der Schwester stehen würden. Die Geschichte des Films ist aber eigentlich Nebensache, den vor allem ist "Jaa Zuster, nee Zuster" ein Musical, vielleicht das erste niederländische Musical überhaupt, und man kann dem Regisseur Liebe zum Detail attestieren, wenn er sich von "Les parapluies de Cherbourgh", Jacques Tati oder "Little Shop of Horrors" dazu hat inspirieren lassen, auf einem sehr künstlich erscheinenden Set nicht nur Passanten mit Regenschirmen tanzen zu lassen, sondern den überzogenen Humor mit den übertriebenen Gesangsnummern sehr schön harmonisieren zu lassen.
Dennoch ist das entstandene Gesamtkunstwerk durch seinen gewöhnungsbedürftigen Stil sicher nicht jedermanns Sache. Aber gerade das "Holländische" an dem Film kann auch die europäischen Nachbarn noch verblüffen, wenn gutbestückte junge Männer in knappen Unterhosen auf Hausdächern tänzeln oder die Überbleibsel eines Zirkuszugs von Boordevol unvorsichtig inspiziert werden. Doch wer sowohl "Klimbim" als auch "Mary Poppins" mag, wird sich auch hier glänzend unterhalten.