Heirate Mich - Casate conmigo
Die Regisseure Uli Gaulke und Jeannette Eggert konzentrieren sich in ihrem Dokumentarfilm
Heirate mich auf das, was sie schon in ihrem ersten Film
Havanna mi amor am besten konnten: Sie beobachten eine Paarbeziehung.
Erik und Gladis sind freilich ein Paar in einer besonderen Situation. Der Deutsche hat die Kubanerin bei einem Urlaub auf Kuba kennengelernt. Die beiden heiraten und Gladis zieht mit ihrem achtjährigen Sohn Omarito nach Hamburg. Der Film erzählt von den Schwierigkeiten, die sich aus dieser Situation ergeben.
Während Erik fließend spanisch spricht, lernt Gladis nur mühsam deutsch. Omarito bekommt wegen seiner Sprachschwierigkeiten Probleme in der Schule. Die Nachbarskinder beschweren sich gleichzeitig über seinen Vorrat an deutschen Schimpfwörtern. Erik fühlt sich überfordert von der großen Verantwortung, die auf seinen Schultern lastet. Derweil servieren die bemühten Schwiegereltern Pflaumenkuchen, den die beiden Kubaner nur aus Höflichkeit herunter bekommen.
Auf der Leinwand verwandeln sich die schmerzhaften Erfahrungen oft in unfreiwillig komische Situationen. Heirate mich reduziert den Blick jedoch nicht auf den culture clash, den das Ehepaar zu bewältigen hat, sondern erzählt vom ganz normalen Auf und Ab einer Beziehung, von Enttäuschung, Eifersucht, Entfremdung und Neuversuch, vom Streit um die Kindererziehung und vom versauten Weihnachtsabend.
Die schwierige Aufgabe, das in einem Zeitraum von zwei Jahren gesammelte Material dramaturgisch zu bearbeiten, ist nicht durchgängig gelungen. Die Auswahl der Szenen wirkt manchmal additiv, oft bleiben Hintergründe unklar, über die man sich Informationen gewünscht hätte. Der Film verortet seine Figuren wenig in äußeren Zusammenhängen. Die Stadt spielt darin kaum eine Rolle, Eriks Beruf bleibt im Dunkeln und der Behördengang ist vor allem Kulisse für den Umgang des Paares miteinander. Der Film setzt ganz auf ein intimes Verhältnis zu den drei Personen, das besonders durch die Kamera hergestellt wird. Manchmal schiebt sie sich dabei vor allem Gladis so dicht ans Gesicht, dass die Nähe unangenehm wird und man sich ein wenig mehr Distanz wünscht. Als Gladis und Erik am ersten gemeinsamen Abend in Hamburg ihr Ehebett beziehen, hat man am Ende den Eindruck, als könnten die Filmemacher sich nur schwer von der Szenerie lösen.Diese Strategie der Authentifizierung über Anwesenheit in besonders emotionalen Situationen misslingt spätestens dann, wenn Gladis ein Kind bekommt und die Kamera die Geburt filmt. Auch wegen der leider unvermeidlich gewordenen Assoziation mit Schnulleralarm-Formaten a la RTL 2 haftet dieser Szene etwas Obszönes an.
Heirate mich gehört zu den Filmen, an denen die Kinoerfahrung selbst noch zusätzlich etwas hervorbringt. Im fsk in Berlin hat das Publikum begeistert gelacht und mitgelitten und am Ende applaudiert, darunter viele lateinamerikanische Migranten - da hat der Film offensichtlich noch einmal eine ganz andere Nähe herzustellen gewusst.
An Gladis, Erik und Omarito muss man noch denken, wenn man längst das Kino verlassen hat. Manchmal, z.B. wenn man andere Paare sieht, die man in einer ähnlichen Situation vermuten kann, fallen sie einem ein, ihre Gesichter, ihre Bemerkungen, und man wünscht sich - und ihnen - dass sie es weiter versuchen mögen.