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August 2003
Benjamin Happel
für satt.org

Interstella 5555
The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem

Japan/F 2003

Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (R: Kazuhisa Takenouchi)

Regie:
Kazuhisa Takenouchi

Buch:
Thomas Bangalter, Cedric Hervet, Guy-Manuel de Homem-Christo

Kamera:
Fumio Hirokawa, Haruhiko Ishikawa

Schnitt:
Shigeru Nishiyama, Olivier Gajan

Musik:
Daft Punk feat. Romanthony, Todd Edwars, DJ Sneak

Design & Visual Supervisor:
Leiji Matsumoto, Animation: Katsumi Tamegai, Keiichi Ichikawa

Kinostart:
4. September 2003

Interstella 5555
The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem




Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (R: Kazuhisa Takenouchi)

Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (R: Kazuhisa Takenouchi)

Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (R: Kazuhisa Takenouchi)

Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (R: Kazuhisa Takenouchi)

Interstella 5555: The 5tory of the 5ecret 5tar 5ystem (R: Kazuhisa Takenouchi)

Ziemlich bunt und laut, was der Verleih Rapid Eye Movies hier auf die Leinwand bringt. Aber wer hätte auch anderes erwartet, nach dem ebenso nicht an Farben sparenden Bollywood-Blockbuster "Kabhi Khushi Kabhie Gham" (Sometimes Happy, Sometimes Sad), der ohne die Verleihtätigkeit von REM wohl niemals hierzulande zu sehen gewesen wäre. Viel zu wenige Verleiher nehmen sich bisher ein Vorbild an der Auswahl, die REM vor allem im asiatischen Raum trifft und mit ästhetischer Sicherheit solche visuell blendenden Filme wie "Songs from the Second Floor" oder Takashi Miikes Gewaltphantasien auf ein an wesentlich biederere Ästhetik gewohntes Publikum losläßt. Mit der japanisch/koreanischen Koproduktion "Go" kam bereits im Januar ein weiterer der besten Filme des Jahres 2003 aus dem Hause REM. Hohe Erwartungen also, die man an Interstella 5555 stellen kann, noch dazu, da es sich um eine Zusammenarbeit der Band Daft Punk und dem Anime- und Mangakünstler Leiji Matsumoto handelt, von dem unter anderem die in den späten 70er Jahren auch in Deutschland enorm erfolgreiche Serie Captain Future stammt.

Interstella 5555 folgt dabei einem ungewöhnlichen Konzept: die Tonspur des Films besteht aus nichts weiter als Musik. Das gesamte Album "Discovery" von Daft Punk bekommt man zu hören, während die völlig von Dialog freien und nur mit wenigen Soundeffekten versehenen Bilder ihre Geschichte erzählen. So entsteht eine seltsam glatte Oberfläche, die Musik überdeckt alle Differenzen der Bilder und verbindet sie zu einem großen Flickenteppich aus Farbe und Form. Wunderbare Augenblicke sind es, wenn das Liebespaar vor einem rosaroten Hintergrund zu Boden schwebt, in einer ebenso rosafarbenen Blüte landet, welche aufzusteigen beginnt und nach kurzem Flug wie eine Gondel über das tiefblaue Meer schwimmt. Kitsch in seiner schönsten und angenehmsten Form, Balsam für monotoniegeplagte Augen und gleichzeitig kräftige Schläge von Daft Punk auf die unbelehrbar auf Dialog hoffenden Ohren.

Eine absurde und einfache Geschichte erzählt Interstella 5555: Ein mephistophelischer irdischer Plattenmogul entführt eine Band von ihrem Heimatplaneten, um sie - mit kontrollierten Gehirnen und den irdischen Gewohnheiten angepasster Hautfarbe versehen - auf der Erde zu Superstars zu machen, deren Vermarktung ausschließlich ihm selbst finanziellen Nutzen bringt. Die goldenen Schallplatten, die er auf diese Weise auch mit anderen unschuldigen Musiker-Opfern erschwindelt hat, betet er gemeinsam mit einer Sekte rotäugiger Kuttenträger in dunklen Messen an. Es ist eine alte Geschichte, die Regisseur Takenouchi erzählt, die Geschichte von der im Kommerz korrumpierten Kunst, die Geschichte von der Dichotomie zwischen künstlerischem Schaffensprozess und geldgierigem Gewinnstreben. Der Film selbst ist ein Produkt eben jener Dichotomie: Zum einen sind Daft Punk keineswegs mehr idealistische Underground-Künstler, sondern längst enorm erfolgreiche Musiker geworden, zum anderen ist auch der japanische Anime-Markt ein beständiger Balanceakt zwischen wichtigem Wirtschaftszweig und zeichnerischem Genie. Die Lösung, die Interstella 5555 wählt, ist spielerisch und überzeugend: die filmische und musikalische Umsetzung sind so gelungen, dass man, selbst wenn es sich hier um einen sicherlich wirtschaftlich gut verwertbaren Film handelt, niemals mit Argwohn kommerzielle Fließbandware wittern würde - zu schön ist es, das Produkt des Zusammenpralls von Musik und Anime zu erleben, welches sich bildlich am besten manifestiert in dem gitarrenförmigen Raumschiff des Helden, der sich aufmacht, die entführte Band zu retten.

Den letzten Schliff verleihen Interstella 5555 sicherlich die mannigfaltigen Anspielungen und Pointen wie das eigene Auftreten der französischen Musikercombo oder das im Fernsehen übertragenen Fußballspiel Japan - Frankreich, dem die Figuren des Films mindestens genauso gebannt folgen, wie der Kinozuschauer dem kreativen Aufeinandertreffen der beiden Nationen in Takenouchis Film.