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"Pirates of the Caribbean" basiert auf einem theme ride in Disneyland, was für sich genommen wohl kaum als Qualitätsgarant herhalten kann. Zuviele Filme, die auf Videospielen, Comicheften oder Langspielplatten basieren, beleidigen die Intelligenz ihres Publikums, warum ausgerechnet ein größenwahnsinniges Karussell als Prämisse vielversprechender sein soll, ist eher fragwürdig. Doch "Pirates of the Caribbean" umarmt seine Herkunft liebevoll. Die Drehbuchautoren, die noch vor einiger Zeit für den Konkurrenten Dreamworks "Shrek" ersannen und dabei dem Disneykonzern voller Freude immer wieder in die Weichteile traten, erreichen in den ersten paar Filmminuten das Herz eines jeden Disney-Freundes. Zunächst ist da das Mädchen Elizabeth, das leise "Yo Ho (A Pirate's Life for me)" singt, einen Song, den man auch kennen kann, wenn man nie in Disneyworld war. Und kurz darauf schwimmt im Meer ein kleiner spitzenverzierter Regenschirm, bei dem man einfach an "Mary Poppins" denken muß, auch wenn spätere Benutzer ähnlicher Schirme sicher eher andere Assoziationen erwecken. Ich war seit diesen frühen Momenten auf der Seite des Films, und ein Dutzend kleiner Missgeschicke, die sich der Film auf seiner langen Reise leistet, konnten mich davon auch nicht abbringen. Die Geschichte dreht sich um drei Männer und eine Frau, wobei die unvermeidliche Liebesgeschichte bereits im Prolog vorweggenommen wird, wenn die kleine Elizabeth den angeschwemmten Piratensohn Will erblickt, und gleich dafür sorgt, daß er nicht aufgrund eines Totenkopfmedaillons gleich wieder zurück in die kalten Fluten geschmissen wird. Zwischen der Tochter des Gouverneurs und dem Schwertschmied, der Piratenblut in seinen Adern hat, entsteht ein magnetismus, der beide Parteien immer wieder große Gefahren überstehen lässt, bis der langersehnte Kuß vor dem Sonnenschein die beiden vereint, und alle vorherigen Hindernisse plötzlich vor der macht der Liebe andächtig salutieren. Aber sogar das lässt man sich in diesem Film gefallen, weil er einfach einen Heidenspaß macht, und die Piratenfilme aus den 50ern ebenso evoziert wie die Disney-Spektakel derselben Zeit ("20.000 Leagues under the Sea", "Treasure Island", "Davy Crockett", "Zorro"), aber dabei die modernen filmischen Möglichkeiten voll ausnutzt. Wären nicht die greulichen Skelett-Armeen, hätte man es mit einem echten Familienfilm zu tun. Das andere Pärchen des Films sind Captain Jack Sparrow und sein Widersacher Barbossa, der ihn einst bei einer Meuterei auf einer einsamen Insel ausgesetzt hat, und deshalb allein auf einen alten Inkafluch reingefallen ist, der bei Mondenschein aus den harten Männern noch härtere Skelette macht, unsterbliche Terminatoren des körperlichen Verfalls. Um den Fluch zu bannen, muß der Inkaschatz wieder zusammengeführt werden (nur die eine Dublone, die Elizabeth einst dem jungen Turner abnahm, fehlt) und als besondere Note muß noch ein wenig Blut vergossen werden. Diese sich immer wieder verwickelnden Handlungsfäden, eine schnell zusammengetrommelte Piratencrew, ein kauziger Gouverneur und der Schwiegersohn seiner Träume, der piratenhassende Commodore Norrington ergeben drei Parteien und ein Liebespaar, doch der vom wie unter Drogen stehenden Johnny Depp gespielte Captain Jack Sparrow ist der eigentliche Held des Film: ein inkompetenter Versager, der vom Unglück verfolgt wird, aber in gewissen Momenten auch genialisch erscheint, wenn Orlando Bloom Micky Maus ist und Geoffrey Rush Kater Karlo, dann ist Johnny Depp eine Mischung aus Goofy und Donald, vielleicht mit einem kleinen Schuß Barney Gumble ("Ja, aber was ist mit dem Rum …?). Depp ist aufgetakelt wie Adam Ant, spricht in einem selbsterfundenen Pidgin (das in der deutschen Synchronisation unangemessen tuntig klingt), fuchtelt um sein Leben, versucht immer wieder erfolglos, seine zahlreichen Gegner gegeneinander auszuspielen, und gewinnt am Ende dann doch wie Philip Marlowe oder sein großer Nachfolger, "The Big Lebowski". Und diese Erfolgsstory spiegelt sich dann auch in den Einspielergebnissen, immerhin ist "Fluch der Karibik" die erfolgreichste Jerry Bruckheimer-Produktion aller Zeiten, was aber auch einfach daran liegen könnte, daß es der mit Abstand gelungenste Film aus diesem nicht immer geschmackssicheren Hause ist (with the possible exception of Paul Schrader's "American Gigolo").
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