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September 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Mittendrin
Int. Titel: Berlin Vortex
D 2003

Mittendrin (R: Marco Wilms)

Buch
und Regie:
Marco Wilms

Kamera:
Axel Schneppat, Marco Wilms

Schnitt:
Marcel Buckan

Musik:
Eike Hosenfeld, Moritz Denis

mit
Mathias Ambellan, Andre Greiner-Pol, Christian "Flake" Lorenz, Jochen Sandig, Sasha Waltz, Jutta Weitz

80 Min.

Kinostart:
3. Oktober 2003
(Premiere am "Tag der deutschen Einheit" 20 Uhr beim Berlin B.Film Festival im Kino Hackesche Höfe)

Mittendrin




Regisseur Marco Wilms, der in Berlin Mitte geboren worde, schildert seine "Heimat" und konstruiert aus Interviews mit Prominenten aus der Hausbesetzer-Szene 1990 die Entwicklung des stark veränderten Bezirks.
Mittendrin (R: Marco Wilms)
Sasha Waltz, Jochen Sandig

Mittendrin (R: Marco Wilms)
Mathias Ambellan

Mittendrin (R: Marco Wilms)
Andre Greiner-Pol

Mittendrin (R: Marco Wilms)
Christian "Flake" Lorenz

Mittendrin (R: Marco Wilms)
Jutta Weitz

"Die schönste Zeit im Leben ist die, wenn die alte Macht gegangen ist und die neue noch nicht da ist …" Mit diesem Zitat vom Tag des Mauerfalls umschreibt Wilms die für den Film wichtigste Zeit, die auch anhand zahlreicher Filmdokumente beschrieben wird. Aus den Lebensgeschichten der Interviewten entsteht dabei eine aus Ruinen auferstandene Kultur- und Sozialgeschichte.

  • Jochen Sandig zieht nach dem Mauerfall nach Berlin, und wird mehr oder weniger zufällig zum Pressesprecher des "Tacheles", dabei lernt er die Choreographin Sasha Waltz kennen, mit der er 1996 zusammen die "Sophiensæle" eröffnet. Seit 1999 sind die beiden zwei der vier künstlerischen Leiter der Schaubühne am Lehniner Platz, also im Westen der Stadt.
  • Mathias Ambellan stammt aus der Uckermark und zog 1988 nach Mitte. Der Pädagoge will einen "ideologisch und politisch unabhängigen" autonomen Ort für Jugendliche schaffen und besetzt dafür mit Freunden ein Haus, aus dem die Jugendeinrichtung "No way alta!" wird. Wichtig sind dabei zwei Dinge: Ambellan wohnt immer noch zusammen mit den Jugendlichen in dem Haus, das mittlerweile zu einem Drittel der ursprünglichen Besetzergemeinschaft gehört.
  • Andre Greiner-Pols Band "Freygang" war zu DDR-Zeiten offiziell verboten, nach der Wende gehörte er zur Künstlergruppe "Tacheles", zog dann aber in den "Eimer" um. Nebenbei gehörte er zu den Kandidaten der Szene-Partei "Wydocks" - und heutzutage brennt er immer noch zuhause die neue CD von "Freygang".
  • Christian "Flake" Lorenz war Mitglied der Ostberliner Punkband "Feeling B", hing auch mit in der "Tacheles"-Gang drin, war Spitzenkandidat der "Wydocks" für Marzahn, und ist inzwischen als Keyboarder der wohl "weltweit bekanntesten deutschen Band" tätig, die sich so ähnlich wie "Strammstehn" anhört.
  • Jutta Weitz betreute ab 1990 die Kommunale Wohnungsverwaltung KWV im Bezirk Mitte, aus der dann die Wohnungsbaugesellschaft Mitte WBM wurde. Als Freundin von (Lebens-) Künstlern setzt sich Jutta gegenüber dem Gremium der WBM durch und hilft ihren "Schützlingen", darunter das Haus Schwarzenberg, Ambellins "No way alta!", das "Acud", die Sophiensæle oder das "Zosch".
Diese mitunter miteinander verwobenen Biographien formen ein Bild des Kulturraums Berlin Mitte, das der Regisseur durch Hubschrauberaufnahmen oder trotz geringer Auflösung der Digibetacam atmosphärisch interessanter Nachtszenen komplettiert. Als Zeitdokument und "Heimatfilm" besonderer Art überzeugend, bietet der Film darüberhinaus jedoch für "reine" Filmfreunde ohne Bezug zum Material wenig, abgesehen von den beeindruckenden Schlußeinstellungen. Aber dafür ist der Film fast schon ein Muß für jeden kulturinteressierten Berliner.