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September 2003
Simon Spiegel
für satt.org

Tricks
Matchstick Men

USA 2003

Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)

Regie:
Ridley Scott

Buch:
Nicholas Griffin, Ted Griffin

Lit. Vorlage:
Eric Garcia

Kamera:
John Mathieson

Schnitt:
Dody Dorn

Musik:
Hans Zimmer

Darsteller:
Nicolas Cage (Roy Waller), Sam Rockwell (Frank Mercer), Alison Lohman (Angela), Bruce Altman (Dr. Klein), Bruce McGill (Chuck Frechette), Jenny O’Hara (Mrs. Schaffer), Steve Eastin (Mr. Schaffer), Sheila Kelley (Kathy)

Kinostart:
18. September 2003

Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)

Nepper, Schlepper, Zwangsneurotiker
In «Matchstick Men» ist Nicolas Cage als obsessiver Ganove unterwegs




Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)


Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)


Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)


Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)


Tricks (Matchstick Men) (R: Ridley Scott)

Taschendiebe und Trickbetrüger sind seit jeher ein Faszinosum, und im Kino schauen wir ihrem Treiben immer mit Freude zu. Unser Herz lacht, wenn auf der Leinwand jemand so richtig angeschmiert wird, wenn ihn seine Gier blind in die Falle tappen lässt, die zuvor kunstvoll errichtet wurde. Ganovenfilme, bei denen jeder jeden übers Ohr haut und man am Ende niemandem mehr trauen kann, haben eine lange Tradition, und ihre Protagonisten gelten nicht als skrupellose Gangster, sondern als raffinierte Schlitzohren.

Roy (Nicolas Cage), die Hauptfigur von «Matchstick Men», nennt sich auch ganz bewusst nicht Trickbetrüger, sondern Trick-Künstler. Allerdings ist dieser Roy ist ein besonderer Vertreter seiner Profession. Er ist kein abgebrühter Gangster, der in jeder Situation die Übersicht behält, sondern ein Zwangsneurotiker, der eine Türe stets dreimal schliesst, sich kaum ins Freie wagt und den Telephonhörer vor Gebrauch immer abwischt. Wirklich ruhig ist Roy nur, wenn er gemeinsam mit seinem Partner Frank (Sam Rockwell) ahnungslose Opfer ausnimmt.
Das Gaunerduo macht ganz gute Geschäfte, das grosse Geld ist aber woanders zu holen. Frank hat denn auch genug von den kleinen Brötchen und will endlich den grossen Coup landen; Roy ist dagegen, zu viel Aufregung gefährdet seinen geordneten Tagesablauf. Die Aufregung kommt aber auch so: Auf Anraten seines neuen Psychiaters nimmt Roy Kontakt mit seiner Tochter Angela (Alison Lohmann) auf, von deren Existenz er bis dahin gar nichts wusste. Einen Streit mit der Mutter später steht der quirlige Teenager auch bereits bei Roy auf der Matte. Und wie man sich's von Hollywood gewohnt ist, schütteln die unerwarteten Vaterfreunden Roy so richtig durch; plötzlich hat er wieder Spass am Leben und ist bereit für den grossen Fischzug. Dass damit die eigentlichen Komplikationen erst beginnen, versteht sich von selbst.

«Matchstick Men» ist eine Mischung aus klassischem Ganovenfilm und dem humoristischen Portrait eines Neurotikers à la «As Good As It Gets ». Jack Nicholson war denngemäss Cage auch das grosse Vorbild bei der Gestaltung seiner Rolle. So seltsam sich diese Genre-Mixtur anhört, so wenig funktioniert sie, denn Roy wirkt einfach nicht überzeugend. Das liegt vor allem am Drehbuch, das die Leiden des Protagonisten nach Bedarf an- und ausschaltet — so, wie es die jeweilige Szene eben gerade verlangt. Im einen Augenblick kollabiert Roy fast, weil jemand ein Fenster öffnet, kurz darauf ignoriert er, dass Angela den Teppich mit Pizzaresten übersät.
Natürlich geht der grosse Coup nicht so glimpflich über die Bühne wie geplant. Alles kommt anders, und fast jede Figur spielt ein doppeltes Spiel. Der Film kann in diesen Momenten seine Stärken ausspielen. Es gibt — wie immer, wenn Ridley Scott Regie führt — einiges fürs Auge, und vor allem der Schnitt weiss zu überzeugen: Die sorgfältig arrangierten Bilder gleiten zum coolen Sinatra-Soundtrack förmlich über die Leinwand. Auch für Unterhaltung ist gesorgt, an witzigen und spannenden Momenten fehlt es keineswegs.

Doch insgesamt funktioniert die Story einfach nicht und wirkt arg zusammengeschustert. Roys Wandlung vom kranken Kleinkriminellen zum liebevollen Vater geht eine Spur zu glatt vor sich; und das Ende ist unerträglich moralinsauer. Die Vaterliebe macht aus dem Kriminellen nicht nur einen gesetzestreuen Bürger, sondern heilt auch sein Leiden. So einfach ist das! Man verlässt das Kino mit dem Gefühl, vom Film übers Ohr gehauen worden zu sein.