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Oktober 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Ein (un)möglicher Härtefall
Intolerable Cruelty

USA 2003

Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty) (R: Joel Coen)

Regie:
Joel Coen

Buch:
Robert Ramsey, Matthew Stone, Ethan Coen, Joel Coen

Kamera:
Roger Deakins

Schnitt:
Roderick Jaynes (=Ethan & Joel Coen)

Musik:
Carter Burwell, Simon & Garfunkel

Darsteller:
George Clooney (Miles), Catherine Zeta-Jones (Marylin), Geoffrey Rush (Donovan Donaly), Cedric the Entertainer (Gus Petch), Billy Bob Thornton (Howard D. Doyle), Edward Herrmann (Rex Rexroth), Paul Adelstein (Wrigley), Richard Jenkins (Freddy Bender), Julia Duffy (Sarah Sorkin), Jonathan Hadary (Heinz, the Baron Krauss von Espy), Irwin Keyes (Wheezy Joe)

Kinostart:
23. Oktober 2003

Ein (un)möglicher Härtefall
Intolerable Cruelty



Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty) (R: Joel Coen)


Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty) (R: Joel Coen)


Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty) (R: Joel Coen)


Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty) (R: Joel Coen)


Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty) (R: Joel Coen)

Wer hätte damit gerechnet, daß ausgerechnet die Coen-Brüder sich des Genres der romantic comedy annehmen würden? Da sie bei „Intolerable Cruelty“ außerdem zur Abwechslung mal ein Drehbuch benutzen, daß nicht von Anbeginn aus ihrer Feder stammt, (sondern offenbar nachträglich mit den üblichen Coen-Ingredenzien verfeinert wurde) mag man auf die Idee kommen, daß sie sich vom Independent-Filmer-Dasein verabschieden wollen und mit der Besetzung Clooney/Zeta-Jones „Pretty Woman“ oder „Notting Hill“ nacheifern wollen, doch auch, wenn sie das wahrscheinlich sogar schaffen könnten, ganz so ein (un)möglicher Härtefall ist dieser Film nun doch nicht, von der ersten bis zur letzten Minute ist er typisch Coen. (Auch wenn der Vorspann eher an Poesiealben als an Terry Gilliam-Animationen erinnert.)

Typische Hollywood-Klischees aus romantic comedies, Gerichtsfilmen oder jenem seltsam namenlosen Genre, das von Filmen wie „Good Will Hunting“ vertreten wird (ich nenne es mal provisorisch „Gutmensch-Außenseiter-Karrierenfilme“) werden im neuen Film der skurillen Brüder gnadenlos parodiert und ad absurdem geführt. So etwa in Clooneys Rede vor dem jährlichen Treffen der US-amerikanischen Scheidungsanwälte, bei dem einer, der früher zu den unerbittlichsten unter ihnen gehörte, nun eine improvisierte Lobrede auf die Liebe anstimmt. Und er natürlich zunächst Ungläubigkeit, aber später standing ovations kassiert. Einzig davor, zwei verkniffene unterschiedlich-geschlechtliche Anwälte vor lauter Freude über diese Botschaft sich gegenseitig in die Arme fallen zu lassen, schrecken die Coens noch zurück, aber ansonsten ist alles wie in diesen Erfolgsfilmen, nur mit einem klitzekleinen Kniff, der einerseits in dem Wissen, daß es sich um einen Coen-Film handelt, andererseits in der Inszenierung besteht.

Frohgelaunte Menschen, die in ihrem Cabrio zu Simon & Garfunkel-Songs mitsingen, Traumhochzeiten und Gesten wahrer Liebe, knallharte Gerichtsverhandlungen - all diese plot points werden von den Brüdern vor allem dazu genutzt, um lange Zeit mitzuspielen mit den blödsinnigen Konventionen, aber dann irgendwie doch noch die Kurve zu kriegen.

Schon die Story des Films ist so unglaubwürdig wie typisch (für Hollywood): Ein knallharter Scheidungsanwalt vertritt einen Ehebrecher und sorgt dafür, daß die gutaussehende Frau leer ausgeht - im selben Augenblick verliebt er sich aber schon in das hinterhältige Geschöpf - und bis die beiden zusammenkommen, haben wir erstmal zirka „2 bis 3 Scheidungen und 1 Todesfall“.

Wobei der Todesfall als witzigste unabsichtliche Selbsttötung in die Filmgeschichte eingehen könnte - Das Kinopublikum kannte jedenfalls kein Pardon mit dem Opfer.

“Intolerable Cruelty“ ist sicher ein Film, der in der Filmographie der Coens eher im Mittelfeld anzusiedeln ist. Das Drehbuch erscheint etwas zu konstruiert, Catherine Zeta-Jones wirkt trotz ihrer privaten Expertise in Sachen „Ich heirate einen Millionär“ etwas deplaziert, der schluchzende Assistent nervt ebensosehr wie der senilen Seniorpartner (fellineske Figuren sind ja okay, aber man kann es auch übertreiben), aber „Wheezy Joe“ und „Heinz, der Baron Krauss von Espy“ sind dann so blöd, daß sie schon wieder gut sind, und wenn George Clooney wie schon in „O Brother where art thou“ sein Schönling-Image demontiert, indem er diesmal die Zahnhygiene zu seinem eitlen Hobby erklärt, dann hat man doch eine Menge zu lachen - und bei einem geneigten Publikum wird jeder Blick zwischen Clooney und Zeta-Jones (insbesondere vor Gericht) zu einer kitzelnden Feder, die das Zwerchfell malträtiert.

Ein überdurchschnittlicher Hollywood-Film, ein unterdurchschnittlicher Coen-Film.