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Oktober 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Till Eulenspiegel
D 2003

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Regie:
Eberhard Junkersdorf

Animationsregisseur:
Jonathan McClenahan

Drehbuch:
Christopher Vogler

Co-Autoren:
Peter Carpentier, Eberhard Junkersdorf

Character Design:
Carlos Grangel

Musik:
Sören Hyldgaard

Songs:
George Keller

Schnitt:
Uli Schön

Stimmen:
Benedikt Weber (Till), Veronica Ferres (Nele), Christian Tramitz (Cornelius), Oliver Mink (Lamme), Mario Adorf (Bürgermeister), Rick Kavanian (Magischer Spiegel), Katharina Thalbach (Katharina), Dieter Landuris (Hauptmann), Patrick Flecken (König Rupert), Hannes Jaenicke (Pickelhauber), Regina Lemnitz (Nanny)

84 Min.

Till Eulenspiegel



Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Till Eulenspiegel (R: Eberhard Junkersdorf)

Produzent Eberhard Junkersdorf, der vor einigen Jahren bereits mit seinen "furchtlosen Vier" den internationalen Animationsmarkt zu erobern trachtete, hat sich diesmal einer anderen typisch deutschen Geschichte angenommen und sie für sein Regie-Debüt so bearbeitet, daß nicht nur die jungen deutschen Kids, sondern auch die in anderen Ländern daran Gefallen finden könnten.

Meine Nichte Melaja (5), auf deren Wunsch wir den Film besuchten, fand ihn "vor allem lustig", auch wenn der Tod des alten Mannes am Anfang (so erlebte sie die Geschichte) ihr etwas Angst machte. Und damit bin ich auch schon bei einem der Hauptkritikpunkte des Films: die krude Story. Till Eulenspiegel will seinen Großvater Marcus in "Boomstadt" besuchen. Wir sehen, wie der Alchemist gerade etwas zusammenbraut und sich dabei von seiner sprechenden Eule Cornelius assistieren lässt. Doch als zunächst eine düstere Stimme von der Decke schallt und später eine wabernde Hand das Experiment sabotiert, wird eine unheimliche Atmosphäre aufgebaut, die der Film niemals wirklich auflöst, denn auch wenn ich diesen geist als Teufel interpretiere, von dem Marcus besessen wird, das Drehbuch macht die Sache so unklar, daß Kinder nach einer großen Explosion den Onkel für tot halten können, obwohl eigentlich der ganze Film MacGuffin-mäßig auf der Suche nach Marcus ist.

Aber dadurch, daß die drei Aufgaben, die Till und seine Freunde lösen müssen, mindestens genauso verquast sind wie der Rest der Geschichte und man eigentlich nur den versuchten Königsmord der bösen Katharina wirklich nachvollziehen kann, wird der Film auch für erwachsene Betrachter zu einem undurchschaubaren Storygewusel.

Die erste Aufgabe des Zauberspiegels (der offensichtlich dem Dschinn aus Disneys "Aladdin" nachempfunden ist) erwartet etwa Mühe und Fleiß, um "einen Fisch zum fliegen zu bringen". Till schnappt sich den Wagen eines Bäckergesellen, prescht durch die Stadt, verliert sämtliche Brote, verwandelt den Marktplatz in Ground Zero und irgendwann wird ein Fisch durch die Umstände in die Luft geschossen - und schon ist die Aufgabe gelöst. Den ganzen Film durch scheint solcher "Spaß", der mit den ursprünglichen Streichen des Till Eulenspiegel nicht immer viel zu tun hat, auf jeden Fall wichtiger zu sein als eine irgendwie logische Handlungsentwicklung.

Die Animation ist zwar im Vergleich zu den "furchtlosen Vier" besser geworden, aber Figuren wie Till und seine Zukünftige Nele scheinen sehr unausgegoren. Character Designer Carlos Grangel, der laut Presseheft durch seine Arbeit an "The Prince of Egypt" schon geadelt ist, scheint sich seitdem sogar noch zurückentwickelt zu haben. Bloß, weil man Sommersprossen gemein hat, wird aus den beiden kein glaubhaftes Liebespaar, und trotz der überzeugenden Stimmen der "Bully"-Mitstreiter Kavanian und Tramitz bleiben auch Eule und Zauberspiegel nur unbefriedigende Humor-Nummern - und besonders ärgerlich sind die andauernden "Anleihen" bei Disneyfilmen: neben "Aladdin" vor allem "The Hunchback of Notre Dame" und natürlich die klar Clarence Nash angelehnte Synchronstimme der Ente "Ducky", auch wenn das übertrieben süßliche, aber vor allem clueless durch den Film watschelnde Federvieh Donald niemals das Wasser reichen kann.

Daß für diesen Film 15 Millionen Euro verbraten wurden, ist angesichts der Lage der deutschen Wirtschaft unentschuldbar, bleibt doch der einzig gelungene Gag des Films die Ohrfeige, die sich Till selbst gibt, und für die er sofort darauf eine "Belohnung" einfordert. Für den Zuschauer ist der Film nur eine Ohrfeige, die Belohnung entfällt.

Vielleicht würde der Film noch ein wenig gewinnen, wenn man ihn in der englischsprachigen Originalfassung "Jester Till" (!) sehen würde, wo Till immerhin von Lee Evans gesprochen wird, jenem britischen Komiker, der offensichtlich viel eindrucksvoller Pate für die Figur stand als dessen traditionell deutschen Wurzeln.