Santa Maradona
"Santa Maradona" läuft am Samstag, den 11. Oktober um 20 Uhr und am Sonntag, den 12. Oktober um 22 Uhr im Filmkunst 66 (Bleibtreustrasse 12, Charlottenburg), sowie in den Hackeschen Höfen am Montag, den 13. Oktober um 20 Uhr. Andrea (in Italien heißen bekanntlich die Männer so) hat mit 27 die Uni hinter sich und könnte nun ins Berufsleben starten oder eine Familie gründen. Aber weder die von ihm zahlreich besuchten Vorstellungsgespräche noch die neue Frau in seinem Leben, Dolores, können ihn auf Anhieb aus dem Slacker-Dasein herausreißen.
Er verbringt die Tage mit seinem noch phlegmatischeren Mitbewohner Bart, Videokassetten, Pizzen und diversen Spielchen ohne wirkliche Gewinner. Man streitet sich mit Barmännern und Videothekaren, klaut Brautkleider und Computer und schimpft über den verschollenen dritten Mitbewohner Pier Paolo - offensichtlich der Grund, warum man die Miete nicht mehr bezahlen kann und sich wüste Drohungen des Vermieters anhören muß …
Marco Ponti (Autor eines Buches über Quentin Tarantino) gewann mit "Santa Maradona" den David di Donatello 2002 für das beste Regiedebüt, die Kritiker überschlugen sich mit Adjektiven wie "phantasievoll", "unterhaltsam" oder "intelligent", nur ich finde den Film maßlos überschätzt.
Zwar überzeugen die jungen Darsteller, und größtenteils überträgt sich die ausgelassene Stimmung des Films auch auf den Zuschauer, aber statt einer modernen italienischen Version von "Zur Sache, Schätzchen" beizuwohnen, hat man das Gefühl, der Regisseur sei zu sehr damit beschäftigt, seinen Lieblingsfilmen nachzueifern.
So fühlt man sich schon in der ersten Hälfte des Films stark an "Trainspotting" erinnert (Musikeinsatz, junge Leute rennen durch die Stadt, hoffnungslose Vorstellungsgespräche, eine ähnliche Wohnsituation, nur die Drogen fehlen eigentlich), doch wenn dann auch noch ein lebloser Mitbewohner mit einer Tasche voller Geld auftaucht (vgl. "Shallow Grave"), geht die Sache ein bißchen weit …
Offenbar zählen es viele Leute zu den Pluspunkten des Films, daß er viele Themen nur kurz anreißt und man statt eines durchstrukturierten Drehbuch von einer Episode zur nächsten springt, aber wenn die Probleme der Protagonisten dann auch noch in einer wenig innovativen Hommage an "Butch Cassidy and the Sundance Kid" aufgelöst werden, frage ich mich, was daran besonders intelligent, phantasievoll oder unterhaltsam sein soll.
Schade eigentlich, denn die sympathischen Darsteller hätten ein richtiges Ende verdient, so bleibt "Santa Maradona" nur eine Momentaufnahme, ein freeze frame im Leben von Personen, über deren Vergangenheit man fast genausowenig erfährt wie über die Zukunft, und das, obwohl man gerne mehr erfahren hätte …
Einer der interessantesten Aspekte des Films ist es übrigens, die Unfreundlichkeit italienischen Service-Personals ebenso wie die Bösartigkeit einiger Personalchefs zu betrachten, und sich dabei zu überlegen, inwiefern dies durch das Verhalten von Bart und Andrea provoziert ist - oder irgendeine Aussage des Regisseurs über sein Heimatland beinhalten soll.