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November 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Dreizehn
Thirteen

USA/GB 2003

Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

Regie:
Catherine Hardwicke

Buch:
Catherine Hardwicke, Nikki Reed

Kamera:
Elliot Davis

Schnitt:
Nancy Richardson

Musik:
Mark Mothersbaugh

Darsteller:
Evan Rachel Wood (Tracy), Holly Hunter (Melanie), Nikki Reed (Evie), Brady Corbert (Mason), Jeremy Sisto (Brady), Deborah Kara Unger (Brooke), Kip Pardue (Luke), Sarah Clarke (Birdie)

Dreizehn
Thirteen



Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

Dreizehn (Thirteen) (R: Catherine Hardwicke)

"Thirteen" ist nicht ganz so kompromisslos wie Larry Clarks "Kids", aber schon die dreizehnjährige Co-Drehbuchautorin und die Geschichte des Films machen diesen Vergleich unumgänglich. Die zuvor als Kostümdesignerin tätige Regisseurin hat eine explizit weibliche Sicht auf den Übergang vom Kind zur Frau. Ihre Hauptfigur Tracy kommt an eine neue Schule und muß erstmal feststellen, daß ihr Outfit plötzlich obsolet geworden ist. Gemeinsam mit ihrer Mutter (Holly Hunter) kann sie durch einen Notfalleinkauf noch einiges retten – und kurz darauf wendet sie sich an das coolste/heißeste Mädchen der Schule, Evie - und nach einigen Problemen zu Beginn weiht sie Evie ein in das wahre Leben einer Dreizehnjährigen. Piercings und Joints sind nur die Anfänge, Tracy und Evie lassen fast nichts aus, was man als 13jährige lieber nicht tun sollte. Mit 13 denkt man, daß das Leben gerade erst anfängt, Sex, Drugs und ähnliches wollen ausprobiert sein, und da man so gut wie unsterblich ist, wird auch alles ausprobiert. Evie hat einen gewissen Vorsprung, und bis zuletzt kann Tracy nicht ganz mit ihr mithalten, insbesondere, wenn es darum geht, Erwachsene zu manipulieren, damit man von diesen in Ruhe gelassen wird.

Der Konflikt zwischen Tracy und ihrer Mutter bestimmt den Film, und dadurch, daß die Mutter auch nicht eben einen vorbildlichen Lebenswandel demonstriert (und sich dabei noch ausnutzen lässt), dauert es ein bißchen, bis die Mutter kapiert, wie weit die Kapriolen ihrer Tochter gehen. Aber es ist doch noch nicht zu spät, die Tochter zu retten, oder?

Während meiner Kinovorstellung im amerikanischen Original gab es zwei besonders angesprochene Gruppen im Publikum: amerikanische Teens und deutsche Frauen, die eher der Mutter-Generation angehören. Bei einer der mitunter erschreckenden Szenen des Films blökte mal wieder ein Ami-Bengel: "Baah, that's not funny …", woraufhin dann eine erzieherische Antwort folgte: "Can't you be quiet? If you don't want to see the movie, just fuck up!", was wegen der falschen Präposition erst recht schallendes Gelächter entfachte. Diese Episode bestätigte nur meine Erfahrungen: die Kommunikation über die Generationsgrenze gelingt nicht immer, und gerade in der Gruppe fühlen sich Heranwachsende eigentlich immer im Recht, egal, was für einen Bockmist sie gerade wieder verzapfen. Aber die halblauten Äußerungen während des Films zeigten eigentlich nur, daß Teile der Jugend von heute sich den Filmfiguren überlegen fühlen, aber manch einer dabei nicht einmal merkt, wie wenig er eigentlich "checkt". Eine der Szenen produzierte etwa die Bemerkung, daß Holly Hunter wohl einen Vampir spiele - Statt in der Lage zu sein, sich in extreme Emotionen hineinzuversetzen, macht man darüber Witze - Hauptsache, cool rüberkommen!

"Thirteen" funktioniert deshalb so gut, weil auch die Erwachsenen "fucked up" sind, und die Kinder nur dem schlechten Beispiel folgen - aber ohne sich dabei der Folgen ihres Tuns bewußt zu sein. Tracy macht schon eine Menge Bockmist - oft, um dazuzugehören, manchmal auch, um einfach ihr Leben zu ertragen - und daß der Film mit einem offenen, etwas rätselhaften Ende abschließt, ist nur konsequent. Kein absichtlicher oder versehentlicher Todesfall, kein völliger Absturz, keine totale Rettung - jeder Jugendliche muß seine eigenen Fehler machen - aber bitteschön nicht alle auf einmal …

Der Film "Thirteen" hingegen macht eigentlich kaum Fehler. Zu Beginn scheint es zwar, als sei man ein wenig zu sehr der MTV-Ästhetik verpflichtet, aber dies gehört nur zur Strategie, das Lebensgefühl Dreizehnjähriger auch visuell umzusetzen – Bis es dann etwas heftiger wird und die Regisseurin klar macht, wie weit sie sich eigentlich vom Mainstreamkino zu entfernen bereit ist – auch, wenn das Plakatmotiv sich einen anderen Eindruck macht.